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würdig schwer. — Und nach unsern Wunschzetteln für die Krieger haben 
dann die Leute gesucht und geforscht, was sie selbst wohl noch im 
Hause entbehren könnten, was sie wohl für die Krieger kaufen 
möchten. Und so kommen denn allmählich die Gaben zusammen. Wenn 
sie hier bei uns in der Sammelstelle ankommen, sieht man selten noch 
viel von der Liebe. Es ist, als ob das Amtszimmer von der Liebe 
nichts erfahren darf. Wenn ich aber die einzelnen Päckchen öffne und 
sehe, mit welcher Sorgfalt man an alles gedacht, wie man offenbar 
dies noch und dies noch hinzugefügt hat, dann merkt man doch, daß 
es der richtige Name für diese Sachen ist, wenn man sie als Liebes— 
gaben bezeichnet. — Ganz zum Schlusse kommt noch ein altes Mütter— 
chen, das wohl schon seine sechzig Jahre auf seinen Schultern trägt. 
Ein paar Krückstöcke für die Verwundeten bringt es. Ob wir die ge— 
brauchen könnten? Natürlich, wir nehmen sie mit herzlichem Dank. 
Und sie reicht die Stöcke mir einzeln; den letzten streichelt sie noch ein— 
mal und gibt ihn zögernd. „Es ist der Stock, den mein seliger Vater 
in seinem Alter trug.“ — Gute Frau, denke ich, den Stock hast du 
sicher nicht leicht hergegeben. Und ich drücke ihr die Hand, etwas 
wärmer vielleicht, als gewöhnlich. Rasch greift sie noch in ihre Tasche, 
legt mir ein Dreimarkstück hin und verschwindet. Der Frau geht es 
kümmerlich. Ich möchte sie zurückrufen und ihr sagen, daß sie in 
ihrer Not das Geld ja selbst gebrauche, das sie sonst ja entbehren 
müsse. Ich tu's nicht. Diese Liebesgabe aus der eigenen Armut 
heraus war doch wohl die Gabe, die den Namen Liebesgabe am 
meisten verdiente. 
Ein Herr sagte mir, daß er eine Karte mit seinem Namen und 
seiner Wohnung in sein Liebesgabenpaket hineingelegt habe. Er 
möchte doch gern wissen, wer denn eigentlich die Sachen bekommen 
habe. Wir haben vielen geraten, es so zu machen, weil wir sehen 
konnten, wie sehr die Spender sich oft darnach sehnten, doch einer 
ganz bestimmten Person, einem wirklichen Menschen etwas zu schenken; 
unsere Amtsstube kam ihnen — und uns auch — doch eigentlich zu tot 
für eine Liebesgabe vor. Aber niemand wollte recht mit seinem 
Namen heraus; man fürchtete, es könnte so aufgefaßt werden, als ob 
man Dank damit heische. Unsere Schulmädel verstehen sich besser auf 
solche Sachen. Die haben noch keine Gewissensbedenken; sie schicken 
nichts mehr ab, ohne anzugeben, von wem es stammt. So manche 
Karte aus dem Felde ist schon als Gegengruß für die Liebesgabe in 
unser Dorf gekommen. Neue Liebesgaben gingen fort, — nun an 
bestimmte Wressen. Manchen gibt es schon bei uns, der für einen 
ganz bestimmten Menschen draußen sorgt und sich um ihn bangt. Sie 
haben jetzt jemand draußen, und der Krieger hat jemand daheim. 
ünd das haben die Liebesgaben gemacht. Lembkte.
	        
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