Die Ritterheere. 273
waren, waren dadurch nicht zum Reichsdienst verpflichtet. Nicht das Reich,
nicht der König, sondern nur seiu Herr durfte vvn einem solchen Vasallen
Kriegsdienst fordern.
Früher durfte der König ganz nach Belieben eine Heerfahrt ansagen.
Dies änderte sich seit der Zeit Heinrichs IV. Als nach den Stürmen seiner
Regierung wieder Ruhe im Reiche geworden, da repräsentierte nicht mehr
der König, sondern die Gesamtheit der Fürsten das Reich. Von ihrem Be¬
schlusse hing nun ab, ob eine Reichsheerfahrt unternommen werden sollte,
und wenn sie eingewilligt hatten, dann verpflichteten sie sich durch einen
Eid, zu bestimmter Zeit am bestimmten Orte mit ihrer Mannschaft zu er¬
scheinen. Auf die Dienste der Afterbelehnten, Vafallen oder Ministerialen,
konnte der König keinen Anspruch machen; nur von ihrem unmittelbaren
Lehnsherrn wurden Vasallen und Ministerialen aufgeboten. Weigerten also
die Fürsten die Zustimmung zur Heerfahrt, so standen dem Könige nur
diejenigen Ritter zur Verfügung, welche als Vasallen oder Ministerialen
mit dem Gut des königlichen Hauses oder mit Reichsgut belehnt waren
und also von dem Könige unmittelbar abhingen. Aus solchen Rittern be¬
stand jedenfalls auch das militärische Gefolge, mit dem der König im
Reiche umherzog. Ju Schlachten umgaben sie den König als die sogenannte
„königliche Legion".
In der karolingischen Kriegsverfassung galt die Wehrpflicht aller Freien.
Später waren die Fürsten dem Könige nicht verantwortlich dafür, daß alle
ihre Mannen den Reichskriegsdienst leisteten; es wurde vielmehr vom König
für jeden einzelnen Fall die Anzahl der von den Fürsten ins Feld zu
stellenden Mannen bestimmt, und den Fürsten blieb es überlassen, welche
ihrer ^Vasallen und Ministerialen sie zum Dienst heranziehen wollten.
Jede Reichsheerfahrt wurde feierlich vorher augekündigt und nicht allzu
kurz durfte die Vorbereitungszeit bemessen sein. Später war Regel, daß
die Romfahrt des Kaisers Jahr und Tag, andere Heerfahrten sechs Wochen
zuvor angesagt wurden. Schon im zehnten Jahrhundert wird bei Gelegen¬
heit einer Heerfahrt nach Frankreich eine vierzigtägige Frist erwähnt.
Wenn die Fürsten unter den zur Heeresfolge Verpflichteten eine Auswahl
trafen, so forderten sie von den zu Haus Bleibenden oft eine Heeressteuer
Zur Ausrüstung des Heeres. Das dursten sie namentlich den Ministerialen
gegenüber. Im Jahre 1158 wurden die Mainzer Ministerialen durch Fürsten¬
spruch ihrer Lehen verlustig erklärt, weil sie dem Erzbischof die Steuer zur
Fahrt nach Italien geweigert hatten. Die Vasallen waren ursprünglich nur
zur Teilnahme am Kriege verpflichtet; wenn der Vasall nicht aufgeboten
war, weil der Herr vielleicht schon Leute genug hatte, so konnte dieser doch
dem Vasallen keine Steuer abverlangen. Später konnte der Herr auch von
dem Vasallen Heerfolge oder Zahlung der Steuer fordern, der Vasall aber
burftc zwischen beiden wählen. Unterzog er sich keiner der beiden Leistungen,
[0 lief er wenigstens bei der Romfahrt Gefahr, fein Lehen zu verlieren.
Mehrfach wird in den Duellen berichtet, daß bei Anfang eines Feld-
Richter, Bilder a. fc. disch. Kulturgesch. I. 18