Full text: [Teil 3 = Klasse 7 [= 3. Jahrgangsstufe], [Schülerband]] (Teil 3 = Klasse 7 [= 3. Jahrgangsstufe], [Schülerband])

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Als das Bauholz gefügt und gezimmert, Stein, Sand und Kalk 
herbeigeschafft war, fingen die Schildbürger ihren Bau mit solchem 
Eifer an, daß in wenig Tagen die drei Hauptmauern von Grund aus 
aufgeführt waren; denn weil sie etwas Besonderes haben wollten, so 
sollte das Haus dreieckig werden. 
Hierauf machten sie sich an das Dach. Dieses wurde nach den 
drei Ecken des Baues dreifach abgeteilt, der Dachstuhl auf die Mauer 
gesetzt und nach ihrer Meinung das ganze Werk bis auf den Giebel 
untadelig ausgeführt. Das Dach zu decken, verschoben sie auf den 
folgenden Tag. Am andern Morgen wurde mit der Glocke das 
Zeichen gegeben, vor welchem bei Strafe niemand arbeiten durfte. Da 
flrömten alle Schildbürger zusammen, stiegen auf den Dachstuhl und 
fingen an, ihr Rathaus zu decken. So standen sie hintereinander, die 
einen zuoberst auf dem Dache, die andern unten, wo sie an den Latten 
besserten; etliche noch auf der Leiter, wieder andere auf der Erde zu⸗ 
nächst der Leiter und so fort bis zu dem Ziegelhaufen, der einen guten 
Steinwurf vom Rathause entfernt war. Auf diese Weise ging jeder 
Ziegel durch aller Schildbürger Hände, vom ersten, der ihn aufhob, bis 
auf den lehten, der ihn auf seine Statt legte, daß ein Dach daraus 
würde. Wie man aber willige Rosse nicht übertreiben soll, so hatten 
sie die Anordnung gemacht, daß zu einer gewissen Stunde die Glocke 
geläutet würde zum Zeichen des Ausruhens. Sowie nun derjenige, der 
zunächst am Ziegelhaufen war, den ersten Streich der Glocke hörte, ließ 
er den Ziegel, den er eben aufgehoben hatte, fallen und lief dem 
Wirtshaufe zu. So geschah es, daß diejenigen, die zuletzt ans Werk 
gekommen waren, die Ersten im Wirtshause und die Obersten hinter dem 
Tische wurden. Dasselbe taten auch die Zimmerleute. Sobald ihrer 
einer den ersten Glockenstreich gehört, ließ er die Art, die er schon zum 
Streich aufgehoben, fallen und lief dem Trunke zu. 
Endlich, nach vollendetem Werke, wollten sie in ihr Rathaus 
gehen, um es zu aller Narren Ehre einzuweihen und in aller Narren 
Naͤmen zu versuchen, wie es sich darin raten lasse. Kaum aber waren 
sie hineingetreten — siehe, da war es ganz finster, so finster, daß einer 
den andern kaum hören, geschweige denn sehen konnte. Darüber 
erschraken sie nicht wenig, und konnten sich nicht genugsam verwundern, 
was doch die Ürsache fein möchte, ob vielleicht irgendwo ein Fehler 
beim Bauen gemacht worden, wodurch das Licht aufgehalten würde. 
So gingen sie hinaus, um zu sehen, wo der Mangel sich befinde. Da 
standen alle drei Mauern gar vollkommen da; das Dach saß ordentlich 
darauf, auch an Licht mangelte es draußen nicht. Sobald sie aber 
wieder hereinkamen, war es finster wie zuvor. Die wahre Ursache 
2.
	        
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