Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

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Da war sie zufrieden; denn sie wußte, daß der Spiegel die Wahr— 
heit sagte. 
Sneewittchen aber wuchs heran und wurde immer schöner, 
und als es sieben Jahre all war, war es so schön wie der klare 
Tag und schöner als die Königin selbst. Wie diese unn ihren 
Spiegel wieder fragte: 
„Spieglein, Spieglein an der Wand, 
Wer ist die schönste im ganzen Land?“ 
antwortete er: 
„Frau Königin, ihr seid die schönste hier; 
Wer Sneewittchen ist tausendmal schoöͤner als ihr.“ 
Als die Königin daͤs hörte, erschrak sie und ward blaß vor 
Zorn und Neid. Von Slund an, wenn sie Sneewittchen er⸗ 
hlickte, kehrte sich ihr Herz im Leibe herum, so haßte sie es. 
Und der Neid und Hochmut wuchsen und wurden so groß in ihr, 
daß sie ihr Tag und Nacht keine Ruhe mehr ließenn. Da rief 
sie einen Jäger und sprach: Führ' das Kind hinaus in den 
wilden Wald, ich will's uicht mehr vor meinen Augen sehen. 
Dort sollst du's töten und mir Lung' und Leber zun Wahr— 
zeichen mitbringen·“ Der Jäger gehorchte und führte Sneewitt⸗ 
chen hinaus. Als er nun den Hirschfänger gezogen hatte und ihm 
sein unschuldiges Herz durchstoßen wollte, fing s n zu weinen 
und sprach: Ach, lieber Jäger, schenl' inir nein Leben, ich will 
in den Wald laufen und mmmermehr wieder heim kommen!“ und 
weil es so schön war, hatte der Jäger Mitleiden und sprach: „So 
lauf' hin, du armes Kind.“ Die wilden Tiere werden dich bald 
gefressen haben, dachte er, und doch war's ihm, als var ain Slen 
hon seinem Herzen gewälzt, weil er es nicht zu 1dten brauchte. 
Und weil gerade ein junger Frischling daher gesprungen kam, stach 
ex ihn ab, nahm Lung' und Leber heraus und brachle fie als 
Wahrzeichen der Königin mit. Die ließ sie in ihrer Gier sogleich 
in Salz kochen, aß sie auf und meinte, sie hälte Sueewiltchens 
Lunge und Leber gegessen. 
Nun war das arme Sneewittchen in dem großen Wald 
mutterselig allein und ward ihm so angst, daß es alle Blͤtte— 
an den Bäumen ansah und dachte, wie es sich helfen und retten 
sollte Da fing es an zu laufein und lief über die spitzigen 
Steine und durch die Dornen, und die wilden Tiere sprangen 
an ihm vorbei; aber sie thaten ihm nichts Es lief, so lange 
nur die Füße noch fort konnten, bis es bald Wed baben wollte; 
da sah es ein kleines Häuschen und ing hinen sich uhen 
In dem Häuschen war alles klein, aber soathenn reinlich 
daß es nicht zu sagen ist Da ftand en weiß gedecktes Tisch 
lein mit sieben kleinen Tellern, jedes Tellerlein mit seinem Loff⸗ 
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