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sich auf und kränkelte. Lore will gehört haben, daß er ge¬ 
hustet hat; allein das ist wohl ein Irrtum. Er hatte übrigens 
stets eine zarte Gesundheit. Kurz vor seinem Tode hat er 
noch einmal ganz leise gezwitschert und gesungen wie im 
Traum. Dann fiel er plötzlich von der Stange und war tot. 
Es muß Herzschlag gewesen sein oder so was. Wir haben 
ihn sehr feierlich begraben. Zuerst war er ausgestellt auf 
rosa Watte in einer Schachtel mit Schneeglöckchen. Nachher, 
als die Kinder ihn hinaustrugen, hat Lore einen Trauermarsch 
gespielt. Hier ist sein Denkmal.“ 
Wir waren unterdes an den Nußbaum gelangt und es 
zeigte sich dort ein flacher Stein mit der Inschrift: „Hänschen.“ 
Eine kleine dünne Efeuranke war daneben gepflanzt. Wir 
besichtigten den Garten weiter. Die Abteilung für Obst zeigte 
einen Zuwachs von sechs Stachelbeerbüschen in sechs ver¬ 
schiedenen Sorten; Johannisbeerbüsche waren in derselben 
Fülle vorhanden, während Himbeersträucher in der stattlichen 
Anzahl von zwölf Stück sich den Blicken zeigten. 
„Diese beiden neugepflanzten Bäume betrachte mit Ehr¬ 
furcht,“ sagte Hühnchen, „Gravensteiner und Napoleonsbutter¬ 
birne." Das letzte Wort sprach er in einem Schmunzeln aus, 
als zerginge ihm schon jetzt diese saftige Frucht auf der Zunge. 
Zum Schluß, nachdem ich das „Gebirge“, einen Aufbau aus 
sechs Feldsteinen, und den „Teich“, eine eingegrabene Tonne 
zum Auffangen des Regenwassers, bewundert hatte, ward 
ich auf ein Blechgefäß aufmerksam, das sich oben auf der 
bis jetzt nur aus kahlen Latten bestehenden Laube befand. 
Ich erkundigte mich danach. „Bassin für die Wasserkunst,“ 
sagte Hühnchen; „die Anlage ist noch im Werden begriffen. 
Wenn du uns später einmal wieder besuchst, werden wir 
zur Feier des Tages die großen Wasser spielen lassen. Dies 
wird dem Ganzen eine besondere und festliche Weihe ver¬ 
leihen !“ 
III. 
Im Laufe des Frühlings und Sommers kam ich mit 
Hühnchen nicht wieder zusammen. Ende September aber 
erhielt ich von ihm einen Brief folgenden Inhalts:
	        
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