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gen allemal ein Tag, von dem der Mensch sagen kann: „Der
Tag ist mein! Heute ist mein Geist von den Fesseln des Alltags¬
lebens frei und kann sich mit höheren Dingen beschäftigen."
Der Sonntag ist aber nicht bloß ein Ruhetag, sondern er ist
auch Gottes Werktag, den sich Gott für seinen Dienst vorbehalten
hat. Muß daher der Mensch nicht fteudig den Tag begrüßen, an
dem es ihm vergönnt ist, wieder einmal dem besten aller Herren zu
dienen? Wenn alle Arbeit ruht, ist das Herz freudiger gestimmt
und daher auch weit geöffnet für die Liebe zum Nächsten. Auch
der Arbeiter wird noch einen Heller für eine Witwe finden und da¬
bei verspüren, wie Geben seliger ist denn Nehmen, oder er kann
einem kranken Mitbruder durch teilnehmenden Besuch Liebe und
Freundschaft beweisen und so den Tag des Herrn auszeichnen durch
Werke der Barmherzigkeit. Heil darum dem Tage, au dem die
Schlote nicht rauchen und die Werkstätten geschloffen bleiben! Der
Ausruf: „Morgen ist Sonntag!" verrät schon, wie freudig das
Herz bewegt ist.
Am Sonntage tauschen Vater und Mutter traulich ihre Ge¬
danken aus und überlegen, was geschehen muß zum Wohle des
Hausstandes und der Kinder. Nachmittags macht die ganze Fa¬
milie einen Spaziergang, und abends wiegt der Vater den kleinen
Liebling auf den Knien; das Herz geht ihm dabei auf, und er faßt
neuen Mut und stifche Luft, rastlos zu schaffen für seine Lieben.
Am die Segnungen des Sonntags allen zuzuwenden, die sich
in schwerer Arbeit die Woche hindurch abgemüht haben, ist die
Sonntagsruhe fiir das ganze Deutsche Reich gesetzlich geregelt wor¬
den. Dies Gesetz trat am 1. Full 1892 in Kraft und wird vom
Arbeiter, Handwerker und Geschäftsmann als eine Wohltat emp¬
funden.
108. töte man Sklane mirò.
Don Friedrich Wilhelm Fo erster.
/Gulliver bei den Liliputanern", wer von euch erinnerte sich nicht
an das schöne Jugendbuch. Gewiß habt ihr auch noch das Bild
vor Rügen, wo der Riese Gulliver von den Zwergen gefesselt wird.
Im wachen Zustande hätten die Knirpse ihm nichts anhaben können,
aber während er schlief, kamen sie und überzogen ihn mit zahllosen
Fäden, so daß er nicht aufstehen konnte.
Genau so machen es die bösen Gewohnheiten mit uns. Es sind
Zwerge, die uns fesseln, wenn wir nicht wachsam sind. Meder das
Lügen noch das Ltehlen, weder der Zorn noch die Unordnung, weder