Full text: Der geschichtliche Lehrstoff für österreichische Volksschulen

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Die Vorstädte Wiens, die während der Belagerung teils von 
den Türken, teils aus Verteidigungsrücksichten niedergebrannt 
worden waren, waren seither wieder zu bedeutendem Umfange 
angewachsen und wurden deshalb 1704 gegen die gefährlichen 
Nachbarn durch den Prinzen Eugen mit den Gräben und Palli⸗ 
saden (Zäunen aus mächtigen Pfählen) versehen, die mehrere 
Jahrzehnte später ausgemauert wurden und so den Linienwall 
bildeten, der bis zur Einbeziehung der Vorstädte in das Gebiet 
der Stadt bestand. 
Nun aber haben die Einfälle plündernder Kuruzzenscharen 
aufgehört und die Nachbarvölker sind unter unserem Monarchen 
friedlich (7) geeint, so daß wir heute des Linienwalls nicht mehr 
hedürfen.“ 
Duruzzen hießen schon die rebellischen Vauern, die zu einem Kreuzzug 
zegen die Türken aufgeboten worden waren, statt aber gegen den Feind der 
Christenheit zu ziehen, einen fürchterlichen Bauernkrieg begannen (15614.) Später 
blieb diese Benennung allen Mißvergnügten in Ungarn. 
Der Primas von Ungarn (der erste der ungarischen Bischöfe ist immer 
der Fürsterzbischff von Gran) wollte das Beispiel Kapistrans nachahmen und 
einen Kreuzzug gegen die Türken veranlassen. Dazu sollten die Bauern be— 
waffnet werden. Viele warnten davor, denn sie befürchteten gleich, die Bauern 
würden diese Gelegenheit benützen, um sich an ihren Peinigern, den übermütigen 
adeligen Grundherren furchtbar zu rächen. Die Warner wurden nicht gehört, 
aber ihre Befürchtung erfüllte sich in schrecklicher Weise. 
Die Bauern ließen die Feldarbeit im Stiche und ihre bisherige Unter⸗ 
würfigkeit verwandelte sich in herausfordernden Trotz. Wohl versuchten manche 
Grundherren, ihre Bauern mit Gewalt am Abzuge zu verhindern oder rächten 
den Ungehorsam der Entlaufenen an deren Verwandten; aber die Grausamkeit, 
die sich der Adel hiebei zu Schulden kommen ließ, vermehrte nur den Haß des 
unterdrückten Volkes. 
Bald zählten die Haufen dieser Kreuzfahrer (Kruzzen vom lat. orux — 
streuz) an 40. 000 Mann. Sie hatten aber kein Verlangen nach dem Kampfe 
gegen die Ungläubigen, sondern verhandelten unter sich über die Befreiung 
von Lasten und Abgaben; dazu erzählten einzelne, der Papst habe ihnen allen 
diese Begünstigung zugesprochen und ihnen erlaubt, sich mit Gewalt der For⸗ 
derungen der Adeligen zu erwehren. 
So brach die rohe Gewalt des bedrückten, empörten und verhetzten Volkes 
los. Die Herrensitze wurden überfallen, geplündert und in Brand gesteckt, die 
Eigentümer selbst martervoll hingerichtet. Vergebens waren die Drohungen des 
Königs, der Vannfluch des enttäuschten Bischofs. Die Bauern hörten nur auf 
ihren grausamen Führer Dézsa, ihren vermeintlichen Erretter und Befreier,
	        
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