Full text: Lesebuch für die obere Klasse der Katholischen Elementarschulen in dem Herzogthume Schlesien und der Grafschaft Glaz

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Todten, Verwundeten und Vermißten beliefen sich auf nahezu 20,000. 
Wie viel auf französischer Seite zum Opfer fielen, ist nicht zu ermessen. 
Unter Gambetta's Herrschaft und rücksichtsloser Vergeudung von Menschen¬ 
leben war ganz Frankreich ein großes Leichenfeld. Ueber 400,000 betrug 
die Zahl der Kriegsgefangenen in Deutschland; auf viele Tausende be¬ 
lief sich die Menge der erbeuteten Geschütze, auf Hunderte die eroberten 
Adler und Fahnen. 
Wir Alle, die wir die eben im Fluge geschilderte Zeit erlebt haben, 
werden die Empfindungen kaum je vergessen können, mit welchen wir 
den Kanonendonner und die Festglocken zu Ehren der Siegesfeier so 
oft vernommen haben. Aber auch die Erinnerung an jene Augenblicke 
wird uns nicht entweichen, in denen das Signal von angekommenen 
Verwundetenzügen die Straßen durchtönte, um die hülfteichen Kräfte 
zusammen zu rufen. 
Es sei hier ein kurzes Wort erlaubt zur Bezeichnung des Charak¬ 
ters der jetzigen Kriegsführung überhaupt und des letzten Krieges be¬ 
sonders: ein schwacher Trost für die bis jetzt leider unbestrittene Noth¬ 
wendigkeit des Krieges, der Trost einer humanen Gesinnung inmitten 
einer durch die Noth gebotenen barbarischen Handlungsweise. 
Es ist in unserer Zeit und namentlich in unserem Volke An¬ 
schauung, Sitte und Bedürfniß geworden, den Krieg nicht zu führen 
um seiner selbst, sondern um eines höheren, idealen Zweckes willen, und 
nur gegen den bewaffneten, den sich wehrenden Gegner, nicht gegen die 
wehrlosen friedlichen Bewohner seines Landes; vor Allem nicht gegen 
Diejenigen, welche Opfer des Streites geworden sind, gegen die Ver¬ 
wundeten und Kranken. Wo das rothe Kreuz im weißen Felde, die 
Sanitätsfahne weht, da ist ein geweihtes Asyl des Friedens für Freund 
und Feind, oder vielmehr es giebt darin nur Freunde. 
Und nun einen flüchtigen Blick auf die Bestrebungen in diesem 
Felde, vor Allem auf die Thätigkeit der Frauen. Ich spreche hier nicht 
von den religiösen Genossenschaften oder von den berufsgetreuen Ver¬ 
einen, in welchen die Krankenpflege ausschließender Lebenszweck geworden 
ist, und deren Hülfe auch in dieser Zeit Bewundernswürdiges geleistet 
hat; ich spreche im Allgemeinen davon, daß die weibliche Natur über¬ 
haupt in dem letzten Kriege sich erprobt und ihre Leistungsfähigkeit für 
große und öffentliche Zwecke in hingehendster Liebe bewiesen hat. Wir 
dürfen es aussprechen, daß die Thätigkeit der Frauen, ihre Hülssbereit- 
schaft und ihr Opfermuth den großen Thaten männlicher Tapferkeit 
nicht nachgestanden ist. 
Von den ersten Frauen im Deutschen Reiche, den Fürstinnen, bis 
herab zu der geringsten Tagelöhnersfrau werden wenige gewesen sein, 
welche nicht nach Kräften an dem allgemeinen großen Liebeswerke sich 
betheiligt haben. Tausende waren auf deutschem und französischem 
Boden in den Lazarethen beschäftigt, zu heilen, was heilbar, zu retten, was 
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