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mit dazwischen gestellten Musketieren, alles zusammen in zwei Linien.
Diese eingestreuten Musketiere erwiesen sich außerordentlich wirksam und
wurden bald sehr gefürchtet von den Katholischen. „Schießt nicht eher,"
sagte er damals zu den Fußtruppen, „als bis ihr das Weiße im. Auge
des Feindes sehen könnt! Und ihr," rief er den Reitern zu, „hämmert
nicht euer Schwert stumpf an den stahlbekleideten Oesterreichern, sondern
stecht zuerst das Pferd nieder, der unbehülfliche Reitersmann kommt dann
leicht hinterher!"
Diese Rathschläge bewährten sich in der nächsten Viertelstunde. Auf
dem rechten Flügel, ihm gerade gegenüber, hatte sich Pappenheim aus¬
gestellt mit der gefürchteten wallonischen Reiterei, den Regimentern Pic¬
colomini, Strozzi, Merode, Baumgarten. Er suchte den Ketzerkönig und
wußte, daß dieser gern den rechten Flügel führe. — Die Mitte der
Schweden befehligte Teuffel, und dort war auch der geniale Torstenson,
welcher die Artillerie leitete und durch rasches und gutes Feuern den
Vortheil der Seinigen beträchtlich förderte. Hier stand Tilly selbst gegen¬
über mit dem Kern seiner Fußtruppen, mit den Regimentern Holstein,
Chiesa, Gallas, Fürftenberg, Balderon, Blankart, Tilly, Geisa, darun¬
ter Regimenter in denen die Erinnerungen der ehernen spanischen Infan¬
terie noch lebendig waren aus den Niederlanden. Den linken Flügel der
Schweden führte Gustav Horn. An ihn schlossen sich die Sachsen unter
Arnheim, und dieser Seite gegenüber befehligte Fürstenberg den rechten
Flügel der Kaiserlichen, welcher die sogenannten unüberwindlichen Kron¬
berger und zum Beunruhigen und Schwärmen den wilden Isolan mit
den Kroaten unter sich hatte.
Da alles aufgestellt war zur offenen Feldschlacht, ritt der Schwe¬
denkönig in die Mitte seiner Heeresordnung, legte seinem ruhigen Rosse
bie Zügel auf den Hals, zog den Degen aus'der Scheide, nahm den
Hut vom Haupte, senkte den Degen. Der große, starke Mann mit dem
kantigen Kopfe, in kurzem Haar und blondem Schnurr- und Kinnbart
gab einen majestätischen Anblick, als er die großen, blauen Augen zum
Himmel richtete und die gewaltige Stimme erhob. Die Schweden erzäh¬
len, er redete so laut, daß das ganze Heer jedes seiner Worte vernahm.
'.Allgütiger Gott!" sprach er, „der du Sieg und Niederlage in deiner
'ffand haltst, wende dein huldreiches Angesicht auf uns, deine Diener.
Aus fernen Landen und friedsamen Wohnungen sind wir hierher gekom¬
men, um für die Freiheit, für die Wahrheit, für dein Evangelium zu
kämpfen! Verleih uns Sieg um deines heiligen Namens willen. Amen!"
Auch für den gewöhnlichen Menschen hat der Schwedenkönig etwas von
^nem Hohenpriester. — Unterdeß war nach altem, noch herrschendem
Brauch ein Trompeter an Tilly abgesendet worden, um diesen und des-
ffn Heer zum Kampfe herauszufordern. Tilly antwortete: „Ich bin die¬
sem Kampfe niemals ausgewichen, und der Schwedenkönig weiß, wo ich
ZU finden."
So war es Mittag geworden. Das Kanonenspiel begann, Tilly
wollte sich lieber in seiner vorteilhaften Stellung angreifen lassen, Gustav
Adolf hoffte, er werde diese verlassen. So wurde zwei Stunden lang
uur mit Kanonen geschossen, bis den Schweden, denen der Wind allen
Aauch und Staub zutrieb, so daß sie wie in dunkler Nacht standen,
Mer Zustand unerträglich wurde. Deshalb ließ der König, um besseren
Wind zu gewinnen, das ganze Heer eine Schwenkung nach rechts machen.