I
I
40
Erster Zeitraum,
\ Irisch-schottische
Mission
l'f
ii'il
reiche noch von dem durch den „Kampf um Rom" bedrohten Hauptsitze
der abendländischen Kirche kamen die Glaubensboten, sondern aus der
nordischen Inselwelt Britanniens und Irlands. Man muß bei
dieser auf Germanien gerichteten Missionstätigkeit zwei Richtungen
unterscheiden:
a) die irisch-schottische Mission, die nicht im engeren Sinne
eine katholische genannt werden kann, da das in großer Abgeschlossen-
heit erwachsene und durch das Eindringen der heidnischen Angelsachsen
hauptsächlich nach Irland zurückgedrängte britische Christentum sich in
manchen Lehren und Gebräuchen recht wesentlich von der römischen
Kirche unterschied. Aber eine tiefe Glaubensinnigkeit zeichnet diese iri-
eschen Kelten, auch „Schotten" genannt (denn die Scoti stammten aus
Irland), aus und trieb sie auf das Festland zur Ausbreitung des
Christentums. Von diesen „Schottenmönchen" sind durch ihre Grün-
düngen die bekanntesten S o l umlui.it, der zur Zeit Brunhildes tn
Burgund das Kloster Luxeuil (nordöstl. v. Besauyon) gründete, von
ihr vertrieben am Bodensee wirkte und, von der Königin Theodelinde
(s. S. 46 Anm. 2) ins Langobardenreich gerufen, sich in dem später hoch-
berühmten Kloster Bobbio (südl. v. Pavia) ansiedelte; seine Schüler
Gallus, um dessen Hütte nach seinem Tode St. Gallen erwuchs;
Kilian (Würzburg), Pirmin (Reichenau), Fridolin (Säckin-
gen) ii. a. Während diese iro-schottischen Missionare der Unterordnung
unter die romtreuen Bischöfe widerstrebten und an ihren keltischen
Sonderanschauungen festhielten, brachte
b) die angelsächsische Mission, die ihr Werk fortsetzte, das
^römische Christentum, das um 600 bei den Angelsachsen Eingang ge-
fanden hatte, als Konig Ethelbert von Kent bei (Meapheit feiner
Vermählung mit einer fränkischen Prinzessin den Paps^regor I.1)
um Übersendung eines Missionars gebeten hatte. An Augustin, den
ersten Erzbischos von Canterbnry, knüpfte die Bekehrung der briti-
schen Sachsen an, und bald trieb der Glaubenseifer begeisterte Männer
zu ihren heidnischen Stammesgenossen auf dem Festlande.
Bonifatius, Unter diesen angelsächsischen Missionaren ift neben Willibrord,
dem Begründer von Utrecht im Friesenlande, der bei weitem bedeu-
teudste seilt Geliilfe Wttnfrid geworden, der später den Beinamen
Bonifatius erhalten hat. Nicht mit der Tätigkeit aus einem begrenz¬
ten Gebiet zufrieden und zugleich von tiefer Ergebenheit gegen den
päpstlichen Stuhl durchdrungen, ließ er sich in Rom die Vollmacht zu
ausgedehnter Missions- und Organisationsarbeit geben, wobei ihn der
ß
Angelsächsische
Mission,
l) Papst Gregor I. hat den Beinamen „der Große" erhalten, nicht nur weil
er für die äußere Machtstellung des Papsttums mit Erfolg tätig war, sondern auch
wegen seiner Bedeutung für die innere Gestaltung der Kirche (Predigt, „Gregorianischer"
Choralgesang) und der Kirchenlehre selbst.