159
nirgends zeigt sich eine Spur von dem geträumten Lande; immer
wieder ist nichts als ein unabsehbares Wassermcer um uns ausgebreitet.
So vergeht uns der zweite Tag und die zweite Nacht, aber auch
der dritte und vierte Tag; sie bringen uns nichts anders als Himmel
und Wasser. Der Anblick fängt an, uns zur Gewohnheit zu werden.
Wir träumen des Nachts, wir schliefen zu Hause in unseren heimischen
Betten; aber wenn wir erwachen — das Schwanken des Schiffes
versetzt uns immer wieder in die neue, einförmige Wirklichkeit. So
vergeht eine Woche, und noch immer ist der Weg über den atlantischen
Ozean, der Europa von Amerika trennt, nicht zurückgelegt. Kannst
du dir nun denken, wie unermeßlich groß das Weltmeer sein muß?
A. Bcrthclt.
156. 0i6 Schiffahrt.
Die Schiffahrt ist es, welche die verschiedenen Weltteile
miteinander in Verbindung setzt. Wie es vielerlei Fuhrwerke
auf dem Lande gibt, so haut man auch allerlei Fahrzeuge, um
das Meer zu befahren. Die Wilden fahren auf Flößen oder
höhlen große Baumstämme aus und wagen sich in denselben
mit einigen Rudern selbst auf die hohe See. Schon künstlicher
gebaut sind die Kähne, welche aus Brettern bald kleiner, bald
größer, bald flacher, bald tiefer zusammengesetzt werden. Da
man in einem offenen Kahne dem Regen und den Sonnen¬
strahlen ausgesetzt ist, so geriet man auf den Gedanken, auf
demselben eine Bedeckung anzubringen. Man richtete Stangen
auf und befestigte Felle oder Tücher zeltartig darüber oder
machte aus Brettern ein kleines Gemach. Zuerst bewegte man
dieses Fahrzeug nur mittelst der Ruderstangen weiter und brachte
bei größeren Kähnen vier, sechs und noch mehr Ruder an.
Allein mit der Zeit lernte man den Wind zum Forttreiben der
Kähne benutzen. Man spannte ein Tuch zwischen zwei Stangen
aus, so daß der Wind sich darin fing und das Fahrzeug auf
der glatten Meeresfläche weitertrieb. Auf diese Art entstanden
nach und nach aus Kähnen Schifflein mit einem Verdecke, mit
Mast und Segel, und aus den Schifflein wurden endlich
große Schiffe mit mehreren Verdecken, Masten und vielen
Segeln. Es werden jetzt Schiffe gebaut, so geräumig wie
große Häuser; sie dienen teils zum Versenden von Gütern und zur
Beförderung von Menschen, teils zum Kriegführen. Die größten