23
I. 1830—1840.
Von der Julirevolution bis zum Regierungsantritt
Friedrich Wilhelms IV. von Preussen.
A. Germanische Staaten.
1. Niederlande.
Diese ,,Julirevolution“ in Frankreich durchbricht an einem
der grossen Centren des europäischen Lebens die in Wien mühsam
aufgerichtete Ordnung der Dinge; ihre nächste Wirkung war der
Einsturz einer anderen Schöpfung des wiener Congresses durch
die belgische Revolution. Im Königreich der vereinigten Nieder¬
lande Gegensatz der südlichen, katholischen und nach Sitte und
Sprache der leitenden Klassen französischen Provinzen und der
nördlichen, überwiegend protestantischen und germanischen Pro¬
vinzen. Ungeschickte Behandlung der ersteren; Verbindung
zu enge; der Unwille über die holländische Regierung ver¬
einigt in den südlichen Provinzen die liberale und die kleri¬
kale Partei und die Nachrichten aus Frankreich beschleunigen
den Ausbruch der Unabhängigkeitsbewegung, welcher 25. Aug.
1830 erfolgt. Abzug der holländischen Truppen nach 3 tägi¬
gen Kämpfen (24—26. Sept.); der Aufstand verbreitet sich
über das Land; eine provisorische Regierung wird eingesetzt*
welche Verständigungsversuche auf Grund getrennter Verwal¬
tung und Gesetzgebung zurückweist und für Belgien einen
Nationalcongress beruft (Nov.), während eine europäische Con-
ferenz der Grossmächte dem Lande einen Waffenstillstand ver¬
mittelt und 20. Dez. Belgiens Unabhängigkeit im Princip aner¬
kennt. Der Nationalcongress zu Brüssel beschliesst eine monar¬
chische Verfassung und wählt, nachdem die Wahl eines franzö¬
sischen Prinzen unzulässig befunden und von Ludwig Philipp
abgelehnt ist, den Prinzen Leopold von Coburg zum König
4. Juni 1831. Leopold I. beschwört als König der Belgier die
Verfassung; die Holländer, entgegen den Beschlüssen der Con-
ferenz, gebrauchen Waffengewalt und dringen siegreich vor;