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wüßt hatte. Diese schien verloren, da man sich in der statthalterlosen Zeit
(vgl. S. 11. 3) kriegsbereit zu halten verabsäumt hatte; der größte Teil
der Niederlande ward von den Franzosen besetzt, der einzige Verbündete, der
Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, 1673 zum Frieden
genötigt. Indes raffte sich Holland innerlich auf und berief zur Leitung der
Republik den Prinzen Wilhelm (III.) von Oranien; vornehmlich durch
seine Bemühung trat Spanien, der Kaiser und das deutsche Reich Frank-
reich entgegen. Die politische Lage wurde für Ludwig XIV. dadurch von Grund aus
umgestaltet; von Holland ablassend, besetzte er nun die Franche comti und warf
sich auf das kalserliche Heer im Elsaß; die Schweden bewog er,
in Brandenburg einzufallen und entzog so dem Reichsheere die
besten Truppen; nach mehrjährigem Kriege schloß er 1678 mit Holland auf
Kosten Spaniens den Frieden von Nymwegen (am Waal). durch den er
die Franche comtö und wieder einige niederländische Städte erhielt; das er-
schöpfte Spanien erkannte den Frieden an; Anf. 1679 trat ihm der Kaiser
(Leopold I.) bei ohne Rücksicht auf den Kurfürsten von Brandenburg, der
(1675—1679) in siegreichen Feldzügen die Schweden aus Brandenburg.
Pommern und Preußen vertrieben hatte. Unter Rückgabe aller Eroberungen
an Schweden mußte dieser 1679 den Frieden von St. Germain (nordwestl.
von Paris a. d. Seine) eingehen.
c) Die Reunionen (1681). Bereits innerhalb des 2. Raubkrieges
hatte Ludwig XIV. die 10 Städte der Reichsvogtel im Elsaß besetzt (vgl.
S. 32. 3); ihrer Rechte war im Frieden weiter nicht gedacht worden; dann
aber errichtete Ludwig XIV. sogen. Re Unionskammern, die den Grund-
satz aufstellten, daß in den abgetretenen deutschen Gebieten sämtliche Rechte
des deutschen Reiches an Frankreich übergegangen seien; darauf wurden alle im
Elsaß angesessenen Reichsunmittelbaren für Vasallen des Königs erklärt
und zuletzt auch Straß bürg am 30. September 1681 mit Hilfe einer fran-
zösisch gesinnten Partei ohne Schwertstreich besetzt. Kaiser und Reich, von
den Türken bedrohtx), traten diesen Übergriffen nicht entgegen; aber neue
Gewaltthaten brachten bald fast ganz Europa wider Ludwig XIV. unter die
Waffen.
d) Der 3. Raubkrieg (1688—1697). Nach dem Aussterben des
Mannsstammes des Hauses Pfalz-Simmern 2) (1685) erhob Ludwig XIV.
für Elisabeth Charlotte, die Gemahlin seines Bruders. Philipps von
Orleans, Ansprüche auf pfälzische Gebiete; zugleich fühlte er sich durch die
Erfolge des Kaisers im Kriege gegen die Osmanen beunruhigt: er begann da-
her 1688 den Krieg gegen den Kaiser und drang tief in Schwaben und Franken
ein. Allgemein aber ward jetzt das Gefühl in Europa, daß man der fran-
zösischen Raubmacht mit allen Kräften entgegentreten müsse. Die Aufhebung
des Edikts von Nantes (1685) hatte außerdem das protestantische Gefühl be-
1) 1683 belagerten die Türken Wien. vgl. weiterhin österreich. Gesch.
2) In der Kurpkalz folgte auf die alte Kurlinie, die 1559 mit Otto Heinrich ausstarb,
das Haus Simmern (Stadt S. im Hunsrllck westl. von Bingen) (1559—1685, 2. Kur¬
linie) . dann das Haus Neuburg (Stadt N. a. b. Donau unterhalb der 5!echmündung)
(1685—1742, 3. Kurlinie). — Elisabeth Charlotte war die älteste Schwester des letzten
Kurfürsten aus dem Hause Simmern.