108 Fünfte Periode/ von 31 v. Chr. bis 476 n. Chr.
In Palästina erlangte noch einmal ein Enkel Herodes' des Großen,
Agrippa I., die Königsherrschaft (37 bis 44 n. Chr.); dann wurde das Land
von Neuem unter römische Procuratoren gestellt, die das widerspenstige Volk
hart bedrückten, bis endlich die Härte des Gessius Florus einen Aufstand der
Verzweiflung hervorrief (65 n. Chr.). Alle Römer in Jerusalem wurden
ermordet und ein fanatischer Messiasglaube setzte die Massen im ganzen Lande
in Bewegung. Nero sandte den tüchtigen Vespasian zur Dämpfung des
Aufstandes; dieser unterwarf und verheerte den größten Theil von Palä-
stina; die Belagerung von Jerusalem mußte er, als er auf den Kaiser-
thron berufen wurde, seinem Sohne Titus überlassen. Titus zerstörte Jeru-
70 salem 70 n. Chr. nach dem hartnäckigsten Widerstande. Mit der heiligen
Stadt büßte das jüdische Volk sein nationales Dasein ein. In dem ganzen
Kriege sollen über 1 Million Juden umgekommen sein, fast 100,000 wurden
in die Gefangenschaft geschleppt; die Juden zerstreuten sich immer weiter
über die Erde.
Gajus Caligula, 37 bis 41 n. Chr.,
37 von den Soldatenstiefelchen (caligae) zubenannt, die er als Kind im Lager
seines Vaters Germanicus getragen hatte, gelangte 25 Jahr alt zur Herrschaft.
Ohne höhere geistige Bildung war er besonders den Theater- und Circus-
Spielen ergeben und schon früh eben so grausam als wollüstig. So sklavisch
er sich gegen Tiberius gezeigt hatte, so despotisch wurde er als Herrscher.
Anfänglich stimmte ihn die Freude über sein Glück dankbar, bescheiden und
milde; er versprach, nach dem Vorbilde Angust's zu regieren. Bald suchte
er die Gunst des gemeinen Haufens durch Thierhetzen:c. Eine Krankheit,
die er sich im 8ten Monate seiner Regierung durch Ausschweifungen zugezo-
gen hatte, schien seinen Körper und Geist völlig untergraben zu haben. Vor
Allem aber verderbte den jugendlichen Herrscher die Kriecherei der Römer,
und als unbeschränkter Weltgebieter glaubte er sich Alles erlauben zu dürfen.
Er trieb die Verschwendung zum größten Unsinn, ließ Reiche ihres Geldes
wegen hinrichten, aber auch aus bloßer Laune Menschen zu Tode martern,
und forderte in übermüthigem Dünkel göttliche Ehre. Einen Kriegszug gegen
Gallien unternahm er, um dort neue Summen zu erpressen; mit kindischer
Eitelkeit rühmte er sich der Bezwingung der Deutschen, als er auf einen Tag
lang den Rhein überschritten, und der Britannen, als sein Heer am Kanal
Muscheln gesammelt hatte! Als er endlich die drückendsten Steuern forderte
und in der Wuth, daß Rom nicht genug Geld aufbringe, seinen Sitz nach
Alexandrien zu verlegen drohte, ja seine nächsten Umgebungen verletzte, wurde
41 er 41 n. Chr. durch die Prätorianer ermordet.
Claudius, 41 bis 54 n. Chr.
Während der Senat über Herstellung der Freiheit berathschlagte, drang
ein Theil der Prätorianer dem gutmüthigeu Claudius, einem (50jähri-