§ 103. 104.
Das Übergewicht Frankreichs. Der Krimkrieg.
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4. Das Übergewicht Frankreichs.
Am 2. Dezember 1852 wurde Napoleon zu St. Cloud zum Kaiser
der Franzosen ausgerufen, bald darauf vermählte er sich mit der spani-
schen Gräfin Eugeuie von Montijo.
Napoleon förderte das Wohl der Landwirtschaft, er traf eine Reihe
von Maßregeln zugunsten des Arbeiterstandes, suchte ein gutes Eiuver-
nehmen mit der katholischen Kirche zu erhalten und stützte sich auf ein
tüchtiges Heer von Berufssoldaten. Er gab Frankreich unter den Mächten
Europas eine Stellung, wie es sie seit den Tagen seines Oheims nicht
mehr gehabt hatte.
§ 104. Der Krimkrieg. (1853—1856.) Seit der Zeit Peters des
Großen blieb es das Ziel der russischen Staatskunst, ihre Macht nach Süden
auf Kosten der Türkei auszudehnen. Wenig befriedigt von dem Ergebnis
des Friedens zu Adrianopel, versuchte Nikolaus I. 1853 einen Schritt
vorwärts zu tun. Er sah sich aber bald genötigt, seine Forderungen
gegen die Westmächte durchzukämpfen, und sein Sohn Alexander II.
mußte sie schließlich nach einem verlustreichen Kriege vorläufig aufgeben.
Den Vorwand zum Kriege bot die Lage der griechischen Christen;
Nikolaus forderte die Schutz Herrschaft über sie in dem ganzen Bereiche
der Türkei. Als die Pforte ablehnend antwortete, überschritt ein russisches
Heer den Prut und besetzte die Fürstentümer.
Da die Türkei auf den Beistand von England nnd Frankreich
rechnen konnte, erklärte sie den Krieg. Nach den ersten Schlachten
griffen die Westmächte, die sich verbündet hatten, ein; sie richteten an
den Kaiser die Aufforderung, die Fürstentümer zu räumen, nnd erklärten
auf seine Weigerung den Krieg (1854); als dann auch Österreich nach
der Landung englisch-sranzösischer Truppen südlich der Donaumündungen
sich den Westmächten anschloß, ließ Nikolaus die Fürstentümer räumen.
Der Krieg zog sich nach der Halbinsel Krim; hier landete ein
englisch-französisches Heer und belagerte nach dem Siege an der Alma die
Festung Sewastopol, die unter Totlebens Leitung neu befestigt wurde.
Ein russisches Entsatzheer wurde bei Jnkerman zurückgeschlagen. Da
Österreich Truppen an der russischen Grenze zusammenzog, mußte Ruß-
land zur Abwehr des hier drohenden Angriffs ein Heer in Bereitschaft
stellen, das ihm im Süden fehlte. Den Verbündeten schloß sich König
Viktor ©mannet von Sardinien an, der 15000 Mann zu den Be-
lagerungstruppen stoßen ließ. Nur Preußen blieb streng parteilos.
Im März 1855 starb Nikolaus I., sein Sohn Alexander II. folgte
ihm. Der Thronwechsel übte zunächst keinen Einfluß auf die Krieg¬
führung aus. Erst nach fast einjähriger Belagerung konnte das Be¬
lagerungsheer einen Teilerfolg erfechten. Die Franzosen erstürmten den
Malakoffturm, worauf die Russen die zerstörte Festung räumten.
Im März 1856 wurde der Friede zu Paris geschlossen. Rußland
gab seine Forderungen und Eroberungen in Kleinasien auf; Sewastopol