I. Vom Untergange des Weströmischen Reiches bis
zur Auflösung des Karolingischen Weltreiches. 476
bis 843: Erneuerung des Weströmischen Kaisertums
und Machtentwickelnng der Araber.
I. Einleitung: Germanentum und Christentum.
1. Bedeutung des „Mittelalters".
§ 1. Name und Begrenzung des Mittelalters. Es ist seit dem
Ende des 17. Jahrhunderts üblich geworden, die Weltgeschichte in drei
Hauptabschnitte zu teilen: Das Altertum, die Neuzeit und die
zwischen beiden liegende Zeit, das sogen. Mittel alt er (medium aevum1).
Diese Einteilung besteht in einer ziemlich willkürlichen Zusammenfassung
mehrerer zeitlich zusammenhängender Jahrhunderte und verdunkelt zu
sehr die Thatsache, daß die geschichtliche Entwickelung Ruhepunkte nicht
kennt, daß geschichtliche Neubildungen vielmehr nur allmählich von statten
gehen, sich langsam vorbereiten, oft scheinbar unterbrochen werden und
später mit desto größerer Klarheit wieder hervortreten. Es wird daher
auch niemals gelingen, für das sogen. Mittelalter, mit dessen Begrenzung
zugleich das Ende des Altertums und der Anfang der Neuzeit gegeben
sind, Grenzen festzusetzen, die allgemeine Anerkennung finden möchten. In
der jüngsten Zeit läßt man das Mittelalter häufig mit dem Untergange
des Weströmischen Reiches und der fast gleichzeitigen Gründung
des Frankenreiches unter Chlodwig beginnen, obwohl diese Ereignisse
für die damalige Welt bei weitem nicht so hervorragend waren, als
!) Einer der ersten, welche die seither übliche Einteilung der Geschichte ein¬
führten, war Georg Horn in Leiden, dessen geschichtliche Lehrbücher in der 2. Hälfte
des 17. Jahrhunderts große Verbreitung gefunden hatten.
Jaenicke, Lehrbuch der Geschichte. II. 2. Aufl. 1