2 85, Die griechische Welt. 153 
Vater unb Todter selbst bcn Tob gegeben. Archilochos führte ein bewegtes Leben, theils in Grie- 
d entanb unb auf bcn Inseln (EhafoS), theils in Statten, bis er nach Paros zurückgekehrt im 
tapfern Kampfe gegen bie Naxier fiel. Sein Leben, unruhig unb von Noth icmffen, war getheilt 
-wischen ben Mühseligkeiten beS kriegerischen Berufs („In ber Lanze tft wem Brot mnr geknetet, 
auf ben Speer gestützt trinke ich benffiein") unb bcm meisterhaften Dienste der Poesie. „In diesem 
vielbeqabten Manne flössen bie verschiedensten Stimmungen zusammen unb erregten einen eigen¬ 
thümlichen Wechsel ber Leidenschaften." Wie von ArchilochoS wirb auch von feinem Nachfolger 
Hippönax auS Ephesos, betn Erfinder des lahmen JamboS (CholiamboS, einer verzerrten imtri- 0. mo. 
scheu Form durch Verwandlung deS letzten FußeS in einen SpondeuS), berichtet, daß er zwei Bild- 
bauer vonEhios, BupaloS und AtheniS, die seine häßliche Gesichtsbildung und seinen ungestalteten 
Körper an einer Bildsäule des Dichters mit schadenfrohem Hohn übertrieben dargestellt, mit seinen 
Spottgedichten zum Selbstmorde gebracht habe. Noth und Verfolgung machten ihn mürnfch und 
bitter. SimonldeS ausSamoS, auch wegen feiner Auswanderung nach AmorgoS der Amor- fc g 
oiner genannt, verfaßte unter andern ein Gedicht über die Frauen, von dem wir noch ein c 
Bruchstück besitzen. „Seine Gesinnungen und Ansichten, wiewohl auf ernste Sittlichkeit gegründet, 
verrathen einen herben, fast mürrischen Beobachter des menschlichen Treibens, dessen Schattenseiten 
ihn tiefer als die heitern Neigungen des ionischen Sinnes müssen berührt haben." Bei SimomdeS 
acht die iambische Schärfe in die gemäßigte Satire über, welche nicht die Gebrechen und Fehler 
Einzelner, sondern die Schwächen und Laster ganzer Klassen, der ganzen Gesellschaft geißelt. - Zu 
dieser Gattung gehört auch die in Iamben geschriebene Thierfabel, die nach ihrem angeblichen ^ 
Erfinder, dem phrygischen Sklaven Atsop, die L s o p i s ch c F a b e l genannt wird. Aesops LebenS- 6. ^ 
oeschicke sind unbekannt und gehören größtentheils selbst dem Fabelgebiet an. Er soll von kleiner, 
verwachsener Gestalt gewesen sein, bei verschiedenen Herren, namentlich bei Jadmon von Santo«, 
öl« Sklave gedient haben und endlich von den Delphiern, die er durch seine Spottfabeln beleidigt, 
angeblich weil er eine goldene Schale aus dem Tempel entwendet, von einem Felsen herabgestürzt 
worden sein. Die unter feinem Namen bekannten Fabeln in Eholiamben rühren von BabnoS 
<2. Jahrh. v. Ehr.) her, der sie zur Zeit des achäischen Bundes, oder, wie Andere meinen, unter 
Augustus nach ältern Sammlungen geordnet und bearbeitet hat. Dem Inhalt nach muß die aus 
bem Morgenlande stammende Fabel der didaktischen Poesie beigeordnet werden, da die Lehre 
der Hauptzweck der kurzen, an das Naturleben besonders der thierischen Welt geknüpften Erzählung ist. 
3) Die mclische Poesie oder Lyrik im engern Sinn war aufs Innigste mit Musik und 
Tan; verbunden. Mannichfaltigkeit des Versmaßes, strophische Abtheilungen und ein zu Gesang 
und Ehorreigen geeigneter Rhythmus find wesentliche Eigenschaften dieser Gattung. Die von den 
Doriern im Peloponnes und aufSicilien ausgebildete dorische Lyrik stand hauptsächlich mit dem 
Cultus des dorischen Apollon in Verbindung, zu dessen Festen Lobgesänge (Piiane) in Ver¬ 
bindung mit Ehortänzen und Hymnen angestimmt wurden. Unter den dorischen Dichtern steht 
Mkman aus SardeS, aber in Sparta zuerst als Sklave, dann als Freigelassener wohnhaft, oben c. 6i2. 
<m; in seinen Hymnen, Päanen und Jungfrauenchören (Parthenien), worin sich das bürgerliche und 
sittliche Leben des Spartaners abspiegelt, lag der Hauptvorzug in der malerischen Anschaulichkeit 
-seiner Schilderungen. Wenn auch einige seiner Chorlieder religiösen Inhalts waren oder die spar¬ 
tanische Tugend priesen, so besang er doch vorzugsweise Liebe und Wein und eine reich besetzte 
Tafel, und beklagte das Alter, das diese Genüsse nicht zulasse. Seine Virtuosität war die Flöten- 
musik. Einige Zeit nach ihm blühte Stesichöros aus Himcra inSicilien, ein fruchtbarer, vielge- tc8 
feiert« Dichter, der epische Stoffe (Heroensagen) in lyrische Form geschickt zu kleiden verstand. — <=• 
Am vollendetsten erscheint die melische Poesie bei den Aeoliern in Kleinasien, wo sie weniger an 
ben öffentlichen Cultus als an das gesellige Leben geknüpft war. Die äolischen Lyriker „kehrten die 
Innerlichkeit des Gemüths heraus und machten das Melos zum Tummelplatz ihrer Gefühle und 
Erfahrungen; sie schufen zuerst einen Ausdruck für die geheimsten Regungen des Herzens, verweb¬ 
ten die Objecte der melifchen Dichtung in ein feelenvolles Gemälde bewegter Persönlichkeit; dort 
offenbarten sich Lust und Schmerz, besonders aber die Leidenschaft der Liebe und die Kämpfe deS 
bürgerlichen Gemeinwesens in glänzendemFarbenspiel". Unter ihnen zeichneten sich aus: Alkiios c. 610. 
aus MytiUne, der als Vorkämpfer der edlen Geschlechter seiner Vaterstadt gegen die Demokratie 
und Tyrannis mit Leier und Schwert zu Felde zog. Als Gegner von Pittakos, dem patriotischen 
und edlen Beherrscher von Lesbos, mußte er eine Zeitlang die Heimath meiden, bis er, mit diesem 
versöhnt, wieder zurückkehren durste. Sinnliche Leidenschaft bildet den Mittelpunkt seiner Gedichte,
	        
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