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Marine unter dem Oberbefehle des Königs von Preußen als „Bnndes-
Feldherrn", Post- und Telegraphenwesen, Gesetzgebung in Handels
und Gewerbesachen sowie im ©trafrecht, Vertretung nach außen)
unter preußischer Leitung einheitlich geordnet. Im Bundesrate erhielt
Sachsen 4 Stimmen von 43, in den Reichstag sandte es 23 Abgeordnete.
Das Heer wurde auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht unter Leitung
des Kriegsministers A. von Fabrice bis 1870 auf 29 Bataillone
Infanterie, 6 Reiterregimenter und 96 Geschütze gebracht und daneben
eine Landwehr errichtet. Zugleich wurde Leipzig 1869 der Sitz des
Bundesoberhandelsgerichts, das sich 1876 zum Reichsgericht erweiterte.
§ 116. Während sich diese Neugestaltungen im Norden ruhig
vollzogen und der Zusammenhang des Norddeutschen Bundes mit den
süddeutschen Staaten durch die Schutz- und Trutzbündnisse vom August
1866 und den Zollverein gesichert wurde, bereitete sich in der Stille
der Krieg gegen Frankreich vor. Denn die Eifersucht des
französischen Volkes auf das Emporwachsen einer starken deutschen
Macht nötigte Napoleon III. zu dem Versuche, seinen wankenden Thron
durch einen großen auswärtigen Erfolg zu befestigen. Nachdem ver¬
schiedene Verhandlungen (die Luxemburger Frage 1867) nicht zum
Ziele geführt hatten, benützte er die Berufung des Prinzen Leopold
von Hoheuzolleru auf den spanischen Thron zur überraschenden Kriegs-
1870. erklärnng an Preußen am 19. Juli 1870, wobei er auf Spaltungen
in Deutschland und den Beistand Österreichs und Italiens rechnete.
Allein das deutsche Volk scharte sich mit seinen Fürsten in einmütiger
Begeisterung um König Wilhelm von Preußen, der sofort den
Befehl über alle deutsche Truppen übernahm (H. v. Moltke General-
stabschef-. Bereits am 16. Juli begann auch in Sachsen die Mobili¬
sierung, bald darauf der Durchzug des V. und VI. preußischen Armee¬
corps. Zn Anfang August sammelten sich die Truppen des XII.
(fönigl. sächsischen) Armeecorps unter dem Oberbefehle seines bewährten
Führers, des Kronprinzen Albert, um Mainz, um als ein Teil
der II. deutschen Armee unter Prinz Friedrich Karl von Preußen in
Frankreich einzurücken. Schon befanden sich die Franzosen nach ihren
Niederlagen bei Weißenburg (4. August), Wörth und Saarbrücken
(6. August) auf dem Rückzüge nach Chalons und Metz. Hier ließ sich
Marschall Bazaine durch die Schlachten von Courcelles (14.August) und
Mars-la-Tour (16. August) festhalten und wurde dann ant 18. August
westlich von Metz bei St. Privat und Gravelotte von den Deutschen
unter dem Oberbefehle König Wilhelms angegriffen. Den blutigen
Sieg entschieden am Abend die Sachsen und die preußischen Garden
mit der Erstürmung von St. Privat, des Stützpunktes des rechten
französischen Flügels. Bazaine wurde in Metz vom Prinzen Friedrich
Karl eingeschlossen, Kronprinz Albert aber übernahm den Oberbefehl
über die neugebildete Maasarmee (Gardecorps, IV. und XII. Armee¬
corps), während sein Bruder Prinz Georg seitdem das XII. Armeecorps