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1871. der Heimat zurück (Kaiserparade der Sachsen bei Brie und Villiers).
Kronprinz Albert blieb noch einige Zeit als Oberbefehlshaber der
deutschen Besatzungstruppen in Frankreich zurück, während der sächsische
Kriegsminister von Fabrice als kaiserlicher Generalgouverneur die
Verwaltung leitete. Nach dem Frieden von Frankfurt am 10. Mai
zogen auch die Sachsen heim. Der Kronprinz, vom Kaiser mit dem
Eisernen Kreuze und dem Feldmarschallsstabe geschmückt, nahm sodann
mit Prinz Georg an dem Triumpheinzuge in der Reichshaupt¬
stadt Berlin am 16. Juni teil und hielt am 12. Juli an der Spitze des
sächsischen Armeecorps seinen Siegeseinzug in Dresden. So war der
Traum und die Sehnsucht von Jahrhunderten glorreich er¬
füllt. Die Erneuerung des Deutschen Reiches hat den
deutschen Stämmen und Staaten unter Wahrung ihrer
Eigenart ein gemeinsames Vaterland und einen starken
Schutz gegeben und der europäischen Staatenordnung den
festen Schlußstein eingefügt.
§119. Die stille Friedensarbeit ruhte währenddem keineswegs. Für
die Pflege der Verwundeten und Kranken im Felde hatte die Kron¬
prinzessin Carola schon 1867 den segensreich wirkenden Albert-
verein als ein Glied des allgemeinen deutschen Vereins vom roten Kreuz
begründet. Die neuen Reichsgesetze <Michsstrafgesetzbuch 1870, Reichs¬
gewerbeordnung) verursachten mannigfache Umgestaltungen. Zugleich
1873. wurde 1873 eine revidierte Städte- und Laudgemeindeordnuug er¬
lassen und die ganze Verwaltung auf Grund einer ausgedehnten Teil¬
nahme der Grundbesitzer umgestaltet, womit die Vermehrung der
Amtshauptmannschaften (27) und die Verwandlung der Kreisdirektionen
in Kreishauptmannschaften zusammenhing. Das Volksschulwesen trat
mit dem Volksschulgesetz von 1873 unter die Leitung der königl.
Bezirksschnlinspektoren und wurde durch die Fortbildungsschule ergänzt.
§ 120. König Johann nahm an alledem den regsten persönlichen
Anteil unter all den leidvollen und erhebenden Erfahrungen, die
•ihm persönlich befchieden waren. Von seinen fünf Töchtern verblieb
ihm nur eine, die Herzogin Elisabeth von Genua; dafür erwuchs ihm
aus der Ehe seines zweiten Sohnes Georg mit Maria Anna von
Portugal (11. Mai 1859) eine blühende Enkelschar. Mit dem greisen
Kaiser Wilhelm verband ihn bald ein festes Vertrauensverhältnis.
So zählte er zu den bewährtesten Stützen des neuen Reiches, als ihn,
nachdem er noch am 10. Dezember 1872 seilte goldne Hochzeit
1873. begangen hatte, am 29. Oktober 1873 in Pillnitz ein sanfter Tod
von schweren Leiden erlöste. Mit tiefer Trauer stand das sächsische
Volk an seinem Sarge, aber mit fester Zuversicht und gehobener
Seele vertraute es sich der umsichtigen, sicheren und milden Leitung
seines ruhmvollen und gütigen Königs Albert.