Full text: Geschichte der neuesten Zeit (Teil 4)

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Das. Zeitalter des Deutschen Kaiserreichs. 
6. Auch die Elektrizität muß noch außerhalb der Telegraphie 
für den Menschen arbeiten: mittels der Dynamomaschine und elektrischer 
Fernleitungen lassen sich Wasserkräfte von einem Ort an den andern über- 
tragen, wie es erstmals im Jahre 1891 zwischen dem Neckar bei Lauffen und 
der Elektrischen Ausstellung in Frankfurt a. M. geschah. Wie die großen 
Wasserfälle wird die Strömung unserer Gebirgsbäche als Kraftquelle aus- 
gebeutet und den Städten und Fabriken dienstbar gemacht. Mittels der 
Elektrizität verarbeitet man Tierhäute in vier Tagen zu Leder, ein Vor- 
gang, der in der Gerberei der „guten alten Zeit" ein bis anderthalb Jahre 
erforderte. Zum Glühlicht hat Edison die Elektrizität verwendbar ge- 
macht; aber die Gasflamme hat, verstärkt durch den Auerbrenner, den 
Kampf mit ihm nicht ohne Erfolg aufgenommen. 
4. Der Schutz der nationalen Arbeit. 
1. Wenn heute die deutsche Industrie nach der Menge ihrer Er- 
Zeugnisse nur hinter der englischen zurücksteht, so verdankt sie diesen mäch- 
tigen Aufschwung auch der Gesetzgebung und den Verkehrseinrichtungen des 
Deutschen Reiches. Die Erfindungen der Naturwissenschaften, denen die 
Blüte unseres wirtschaftlichen Lebens entsprungen ist, kamen naturgemäß 
sämtlichen Ländern zugute. Unter diesen „Konkurrenten" bot namentlich 
England seiner Eewerbetätigkeit, die schon durch ihr Alter einen Vorsprung 
besaß, günstigere Bedingungen. Es besaß seine unerschöpflichen Stein- 
kohlenlager; es bezog seine Rohstoffe aus seinen eigenen Kolonien, die 
zugleich seine Industrie-Erzeugnisse kauften; es besaß geübtere Arbeiter und 
erfahrenere Unternehmer: Vorteile, gegen die die junge deutsche Industrie 
nur schwer aufkommen konnte. 
Größer noch waren die Schwierigkeiten für die Landwirtschaft. 
Gewiß hatte auch der deutsche Bauer aus den Fortschritten der Chemie 
und des Maschinenbaus wie aus der Umgestaltung des Handelsverkehrs 
reichen Vorteil zu ziehen gewußt, und die Regierungen hatten den „Nähr¬ 
stand" und damit unsre wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Ausland nach 
Kräften gestützt und gefördert: sie hatten landwirtschaftliche Schulen aller 
Art ins Leben gerufen, wertvollere Sämereien und Viehrassen einge¬ 
bürgert, die Felder „Bereinigt", d. h. durch sachkundige Beamte in der 
Weise neuordnen und zusammenlegen lassen, daß jeder Eigentümer freien 
Zugang zu seinen Äckern hat und sie, vom Flur zwang befreit, nach seinem 
Gutfinden bepflanzen kann. Dabei gedieh unsere Landwirtschaft, bis das 
Anschwellen der Städte auch fremde Einfuhr an Korn und Schlachtvieh 
nötig machte. Nun wurde dank der Anlegung neuer Handelswege, der 
Eisenbahnen quer durch Amerika, des Suezkanals, dem Aufschwung der
	        
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