168 Deutsche Frauen im Zeitalter der Ottonen. 
Geschichtschreiber erstanden gleichsam von den Toten und wurden die Lehrer 
der Deutschen in den freien Wissenschaften. Selbst in den Nonnenklöstern 
lasen die Mädchen neben den Heiligenleben den Virgil und Terenz. 
Voran aber leuchtet ein edles Frauenpaar: Die Kaiserinnen Adelheid 
und Teophauo. Jene, dem Geschlecht der Welfen entstammt, war als die 
Witwe des Königs Lothar von Italien durch Otto aus Mörderhänden be¬ 
freit und vom Kerker auf den ersten Thron der Welt erhoben worden. 
Was bis dahin einzelne Rompilger von ihrer Anmut und Gastfreundlich¬ 
keit diesseits der Alpen gerühmt, sah nun das deutsche Volk mit Freuden 
bestätigt. Otto hatte selbst keine gelehrte Bildung erhalten und erst spät, 
als er um die erste Gattin trauerte, die lateinische Bibel lesen und verstehen 
gelernt, während er es zum Sprechen der Gelehrtensprache nie brachte. 
Nun stand ihm eine wirklich gelehrte Frau zur Seite (litteratissima erat, 
berichten die Mönche von St. Gallen),'und sie, mit dem unter ihrer Leitung 
sehr sorgfältig gebildeten Sohne, hat denn auch, nach ausdrücklichem Zeug¬ 
nis der Geschichte, dem Kaiser aus manchen Verlegenheiten, welche ihm die 
fremde Sprache noch bereitete, geholfen. Als Witwe stiftete sie zu Seltz im 
Elsaß ein Mönchskloster und setzte demselben einen Abt vor, der in gött¬ 
licher und menschlicher Weisheit erfahren war, um ihn auch für sich fort¬ 
während zum Lehrer in heiligen Wissenschaften zu haben. So berichtet ihr 
Biograph, der gelehrte Abt Odilo von Clngny, der ihr lange beit verbun¬ 
den war und in ihrer letzten Lebenszeit unmittelbar nahe stand. 
Ihre Schwiegertochter Teophauo, die schöne Kaisertochter von Byzanz, 
führte dem sächsischen Kaiserhofe neuen Prunk und bisher nngekannte Ge¬ 
nüsse auch des geistigen Lebens zu. Ihr Stiefvater Nieephorus hatte sie 
dem gefürchteten Kaiser des Abendlandes für feinen Sohn (Otto II.) bereits 
zugesagt, da dieser noch ein vierzehnjähriger Knabe war. Aber bald be¬ 
reute es der Grieche, den Bund des Ost- und Westreiches eingegangen zu 
sein, und als Otto eine neue Gesandtschaft unter dem Bischof Liutpraud 
von Cremona absandte, fand dieser in Konstantinopel während huudertund- 
zwanzig peinlicher Tage die schimpflichste Behandlung. Erst als Niee¬ 
phorus auf Anstiften seiner Gemahlin ermordet worden war, gelang es 
Otto, durch Nachgiebigkeit in seiner italienischen Politik, die vielumworbene 
Königstochter heimzuführen. Mit der größten Pracht, unter allgemeinem 
Jubel wurde die Hochzeit in Rom gefeiert; fast alle Fürsten Deutschlands 
waren zu dem seltenen Feste über die Alpen gekommen. Aller Augen rich¬ 
teten sich auf die junge Kaiserin, die kaum den Kinderjahren entwachsen, 
doch bald sich Achtung bei dem fremden Volke gewann. Denn sie war 
nicht allein schön und von einnehmenden Sitten, sondern auch von großem 
Verstände und der Rede mächtig; einen kräftigen Geist entdeckte man so¬ 
gleich in dem zarten Leibe des jungen Weibes. 
Wieviel Griechenland und der Orient mit ihr dem Abendlande ge¬ 
schenkt haben, das läßt sich natürlich nicht messen und wägen. Manchen,
	        
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