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Anhang.
Die Regalien sind teils als Lehen, teils zu Eigen gegeben worden. Diese
mannigfaltigen Gerechtsame zu einem geschlossenen Ganzen zu vereinigen, den Unter¬
schied zwischen Lehen- und Landrecht auszugleichen, ist das eifrigste Bemühen der
Herrengeschlechter, das aber in unserer Periode noch nur geringe Erfolge zeigt.
Innerhalb der Grafschaften bestanden noch immer die Gemeinden und Mark¬
genossenschaften. Berechtigte Mitglieder der Gemeinde waren alle mit freiem
Grundbesitz von mindestens 1//L Hufe in der Flur Angesessenen. Sie wählten
sich ihren Gemeindevorsteher, den Bauermeister oder Heimburgen, unter dessen
Vorsitze sie zu ihren Versammlungen (Bauernsprache, -gericht) zusammentraten.1
Die Markgenossenschaft umfafste diejenigen, die zur Nutzung der gemeinsamen
Weiden und Wälder Gewässer und Steinbrüche, die man zusammen Almende
nannte, berechtigt waren. Die Zugehörigkeit zur Markgenossenschaft vererbte sich
und konnte auch durch Gemeindebeschlufs erworben werden, doch war dabei Vor¬
aussetzung der Besitz eines Hauses im Markgebiet ohne Unterschied des Standes
und des Besitztitels. In der fränkischen Zeit hatte es Ahnenden für Gaue und
Hundertschaften gegeben. Jetzt aber hatten diese Einteilungen fast nur noch für
das Gerichtswesen Bedeutung, und die Markgenossenschaften bestanden meist nur
aus wenigen Dörfern, manche Gemeinde hatte sogar seine Almende für sich. Die
Markgenossenschaft versammelte sich zur Beratung ihrer Angelegenheiten im
Märkerding. Hier wählte sie sich auch ihre Beamten, den Obermärker oder Mark¬
meister, die Untermarkmeister, Förster, Flurschützen. Als Obermärker übten die
grofsen Grundbesitzer und also vielfach die Fürsten auch in dieser Organisation
ihren Einflufs (Schröder RG. 2 S. 414ff.).
III. Ständische und soziale Verhältnisse.
In der ständigen Gliederung des deutschen Volkes zeigt sich gegen die
fränkische Zeit ein grofser Unterschied. Die alte Einteilung in Freie und Un¬
freie bleibt zwar bestehen, aber sie tritt an Bedeutung weit hinter neuen Grup¬
pierungen zurück, die wesentlich durch die wirtschaftliche Entwicklung bedingt
erscheinen.
1. Die Grundherrschaften.
Unter den Ottonen nahm die schon im Merovingerreich begonnene und unter
den Karolingern fortgesetzte Bewegung der Umwandlung des ländlichen Privat -
und Gemeindebesitzes in grofse Grundherrschaften mächtig zu. Diese Grundherr¬
schaften waren wohl nirgend räumlich abgeschlossen, sondern bestanden meistens
aus Hufen, die über eine Reihe von Markgenossenschaften zerstreut lagen. Wo
sich mehrere Hufen zu gemeinsamer Beaufsichtigung zusammenfassen liefsen, legte
1) Thudichum, Gau- und Harkverf. S. 37ff. Schröder RG. 2 S. 202. 413.