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den Glauben. 1508 wurde er auf Empfehlung von Staupitz Professor
an der (1502 von dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen gegründetes
Universität Wittenberg. 1510—1511 machte er in Klostergeschasten eine Reise
nach Rom. Nach Wittenberg zurückgekehrt, wurde er 1512 Doktor der
heiligen Schrift, welche er nun in Vorlesungen erläuterte, während er
zugleich als Prediger thätig war. ,2 . -
2. Er griff in 95 Thesen, die er am Allerheiligenabend,
31. Oktober 1517, an die Schloßkirche zu Wittenberg schlug, zu-
nächst den Ablaßhandelan, welchen der Dominikanermönch
Tetzel in Sachsen trieb. Der Papst Leo X., der zur Be¬
streitung des Ausbaues der Peterskirche (s. Knnstd. VI, 1) den
Ablaß ausgeschrieben hatte, ließ deshalb Luthern, nachdem er ihn
vergeblich zur Verantwortung nach Rom gefordert hatte, durch
den Kardinal Cajetan (Thomas de Bio von Ga'e'ta) in Augsburg
verhören. Allein weder dieser noch der später gesandte päpstliche
Kämmerling Miltitz, der sich zu Altenburg mit Luther unterredete,
konnte ihn zum Widerrufe bewegen. Doch versprach Luther über
den Ablaß zu schweigen, sofern die Gegenpartei schweige.
3. Aber ein neuer Widersacher, der in dem Jngolstadter
Professor Dr. Eck sich gegen Luther erhob, bewog diesen, sich an
der Disputation zu Leipzig zu beteiligen, in welcher er das
göttliche Recht des Papsttums angriff. Die gegen ihn erlassene
Bannbulle verbrannte er 1520 (10. Dezember) öffentlich zu
Wittenberg und sagte sich dadurch vom Papste förmlich los. Auch
unterließ er nicht, den von ihm gegen die Lehre und Satzungen
der Kirche erhobenen Widerspruch durch Schriften (z. B. „an den
christlichen Adel deutscher Nation" :c.) im Volke zu verbreiten.
Er gewann viele Anhänger: unter dem deutschen Adel schloffen sich
die Ritter Ulrich von Hutten und Franz von Sickingen
der mehr und mehr um sich greifenden Bewegung an, und der
gelehrte Philipp Melanchthon förderte Luthers Bestrebungen als
Ratgeber und Gehilfe.
Melanchthon (eigentlich Schwarzerd) geboren 16. Februar 1497 zu
Bretten in der (ehemaligen) Rheinpfalz — Sohn eines Waffenschmieds,
Großneffe des gelehrten Reuchlin (§ 93, 3 Anm.) — bezieht zwölfjährig
die Universität Heidelberg — geht dann nach Tübingen und schreibt als
16jähriger Jüngling eine griechische Grammatik — wird 1514 Magister
und bält philosophische Vorlesungen — kommt, von Reuchlin empfohlen.