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klagen, denn durch Trübsal hier geht der Weg zu dir." Sie hat dem
Kaiser sechs blühende S'öhne und eine Tochter geschenkt, welche einfach
und streng erzogen werden und das höchste Glück ihrer Eltern sind
(Deutsche Jugend 3, Wie lieb die Kaiserin Augusta Viktoria ihre
Kinder hat). Während der Kaiser für das Wohl des Vaterlandes un¬
ermüdlich thätig ist, fördert die Kaiserin alle Werke der christlichen
Liebe, unterstützt die Notleidenden und tröstet die Unglücklichen (Deutsche
Jugend 4, Aus dem Leben der deutschen Kaiserin. Deutsche Jugend 6,
Kaiser Wilhelm II.) •
c. Regierung. Am Todestage des geliebten Vaters, am 1888
15. Juni 1888, bestieg Wilhelm II. im Alter von 29 Jahren den
Kaiserthron. Er hatte in diesem Jahre den Ernst des Lebens genugsam
kennen gelernt: den von ihm hochverehrten Großvater hatte er sterben
sehen, der geliebte Vater siechte an schwerer, unheilbarer Krankheit
dahin. Zu Schmerz und Trauer blieb ihm keine Zeit übrig. Mit
Ernst und Thatkraft übernahm er sein schweres Amt. „Auf den Thron
meiner Väter berufen", sagte er, „habe ich die Regierung im Ausblick
zu dem König aller Könige übernommen und Gott gelobt, nach dem
Beispiele meiner Väter ein gerechter und milder Fürst zu sein, Frömmig¬
keit und Gottesfurcht zu Pflegen, den Frieden zu schirmen, die Wohl¬
fahrt des Landes zu fördern, den Armen und Bedrängten ein Helfer,
dem Rechte ein treuer Wächter zu sein" (Deutsche Jugend 6, Thron¬
rede Wilhelms II.).
Der soldatisch straffe und von reger Schaffenslust und Schaffens¬
kraft beseelte beseelte Herrscher trachtete nicht nach kriegerischen Ehren,
obgleich Frankreich und Rußland ihm genügend Grund zum Kriege
gaben. Im Einverständnis mit dem greisen, treuen Reichskanzler Fürst
Bismarck wahrte er den Frieden. „Ich bin entschlossen, Frieden zu
halten mit jedermann", sprach er. Aus Liebe zum Frieden besuchte er
andere Herrscher Europas; aus demselben Grunde erneuerte er den
Dreibund mit Österreich und Italien und ließ schon in den Jahren 1890
und 1893 eine Vermehrung des deutschen Kriegsheeres eintreten (S.
S. 146 und 147).
Allen Angelegenheiten seines Landes, auch der Schule, wendet er
seine Fürsorge zu. Das von seinem Großvater angefangene Werk der
Alters- und Invaliden - Versicherung führte er weiter und erreichte
es, daß die alten Arbeiter, die ihrem Berufe nicht mehr nachgehen
können, ein Jahrgeld empfangen (Deutsche Jugend 6, Unser Kaiser und
die Arbeiter).
Im März 1890 schied Fürst Bismarck unter dem herzlichsten
Danke des deutschen Volkes aus dem Amte, und der Graf von Caprivi
wurde Reichskanzler, dessen Hauptaufgabe bislang darin bestanden hat,
durch neue Handelsverträge Handel, Verkehr und Gewerbe zu fördern.
Gottes Segen sei mit dem Kaiser unb dem Vaterlande!