Full text: Sagen und Geschichten aus dem Mittelalter (Teil 2)

14 
wert gehalten haben, sollen nicht mehr die Dienste einer Magd verrichten." 
Als sie mit leeren Händen in die Königsburg zurückkam, wurde sie von Ger- 
linde nicht nur mit harten Mortem angefahren, sondern sie sollte mit dornigen 
Ruten blutig geschlagen werben. Da ersann Gudruu eine List; sie tliat, als ob 
sie nunmehr iu Hartmuts Werbung willige. Sogleich verschwand Gerlindens 
Zorn ; sie ließ ihre schöne Kleider reichen und erlaubte den anderen gefangenen 
Jungfrauen, um ihre Herrin zu sein. 
5. Kampf Noch in der Nacht hatten die Hegelingen still und 
unbemerkt die N^rmannenburg eingeschlossen, und beim Morgengranen ertönte 
des Wächters Ruf: „Auf zu den Waffen! Deine Burg, Herr Ludwig, ist um- 
mauert von einem ungeheuren Heere." Bald tobte rings um die Burg der 
blutigste Kampf. Ortwein wurde von Hartmut verwundet, dafür erschlug Her- 
wig den Normannenkönig Ludwig. Als Gerlind sah, daß die Ihrigen zn unter¬ 
liege« drohten, bot sie einem ihrer Diener reiche Belohnung, wenn er Gudrun, 
die von der Zinne herab dem Kampfe zuschaute, ums Leben bringe. Hartmut 
aber bewies seinen Edelmut, indem er Gudrun beschützte; dafür wurde auch 
Hartmut, der kurz darauf in Lebensgefahr geriet, anf Gudruns Fürsprache 
verschont und nur gefangen genommen, Gerlind aber, welche die Flncht ergriff 
und sich vergeblich hinter die Jungfrauen versteckt, wurde getötet. So waren 
die Normannen besiegt, und fünfhundert ihrer Edeln, mit Hartmut und Ortrun, 
wurden von den siegreich zurückkehrenden Hegelingen als Geiseln weggeführt. 
6. Versöhnung und Friede. Als man in der Heimat anlangte, schloß 
Hilde die so lange und so schmerzlich vermißte Tochter unter Freudethränen 
in die Arme und feierte mit allen Helden ein fünftägiges Freudenfest. Auf 
Gudruns Bitten wurden die Gefangenen ihrer Ketten entledigt, und Hartmut 
gewann sich bald aller Gunst, so daß schließlich eiue volle Aussöhnung zwischen 
den Normannen und den Hegelingen erfolgte. Ja, Gudrun wußte es dahin zu 
bringen, daß sich Ortwein mit Ortrun und Hartmut mit Hildburg verlobten. 
So war aller Haß gesühnt, und die einst Feinde waren, vergaßen nun die 
vorangegangenen Leiden und lebten fortan in ungetrübtem Frieden. 
B. Erzählungen ans dem Mittelalter. 
I. Bilder aus der germanischen H e 1 d e n} t i t 
(?—500 n. Chr.) 
§ 5. Land und Leute des alten Germaniens. 
1. Urgeschichte. Wie bei allen Völkern, so liegt auch die Urgeschichte der 
Deutschen im Dunkel. Wahrscheinlich waren sie nicht die ersten Bewohner des
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.