48
11. Karls Persönlichkeit. Karls äußere Erscheinung war ebenso hoheits-
voll als gewinnend. Er maß sieben seiner eigenen Füße und hatte einen sicheren,
festen Gang; seine Stimme war wohlklingend, seine Rede bestimmt und dabei
angenehm; er erfreute sich meist einer
guten Gesundheit und befestigte sie durch
körperliche Übungen, wie Schwimmen,
Reiten, Jagen. Er war so stark, daß er
einen Geharnischten wie ein Kind hob und
einmal einem Mauren Kopf und Leib
mit einem Hiebe spaltete. Seine Gesichts-
züge waren ausdrucksvoll, meist heiter
und freundlich, im Zorn aber schrecklich;
denn dann blitzten die großen lebhaften
Augen in loderndem Feuer. Seine Stirne
war frei, die Nase etwas gebogen,
das Haar voll und lang. In der Tracht
unterschied er sich kaum von den ge-
wohnlichen Franken; er trug meist Klei¬
der von Leinen, das seine Töchter selbst
gewebt und gesponnen hatten; nur int
Winter warf er auch einen Otter- oder
Marderpelz um Brust uud Schultern
und darüber einen weißen oder grünen
Mantel. Stets hatte er aber ein Schwert
an der Seite mit goldenem oder sil-
bernem Griffe, in den sein Petschaft
eingegraben war. Bei Festlichkeiten trug
er auch wohl ein lang herabwallendes,
golddurchwirktes Kleid, Edelsteine an
den Schuhen und im Diadem. Nur zwei-
mal legte er, ans besonderes Bitten des
Papstes, lange römische Tracht an. In
seiner Nahrung war er mäßig und ein-
fach; am liebsten aß er Wildbret, das
19. Karl dcr Große. (Nach der Metzer Bronze-Statue. QWt Spieße gebraten Ulld so V0U den
2tu<3 Stacke. Deutsche Geschichte t.) Jägern ausgetragen wurde. Er pflanzte
zwar Reben, zog Wein und ließ Bier
und Met bereiten, verabscheute aber die Unmäßigkeit und trank nur dreimal
während des Mahles. Dabei hörte er gerne Musik und Scherze, noch lieber
•ooi esung guter Schriften, Erzählungen oder Gedichte von Thaten alter Helden
und Könige.