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Zeitalter Friedrichs des Großen 1740—1789.
Er vergaß nur, daß er nicht die Vorarbeiter gehabt hatte, wie
Friedrich der Große in den beiden Friedrich Wilhelm, dem Kurfürsten und
dem König. Noch weniger als unter dem Großen Kurfürsten die einzelnen
Teile (S. 134) Brandenburg-Preußens, fühlten sich im Anfange seiner
Regierung die Länder, die den großen Habsburgischen Hausbesitz bildeten,
als Glieder eines Ganzen. Vielmehr war für sie, die ja zudem nach
'^Sprache und Volkstum in vier Gruppen zerfielen, das einzige Band
$L»Jbic Person des Herrschers, der sogar in Böhmen und Ungarn jedesmal
erst der Anerkennung durch besondere Wahl bedurfte. Wie in Branden-
burg-Preußen der Große Kurfürst, war ferner in den Habsburgischen
Ländern noch Josef II. in seiner Regierung beschränkt durch die Sonder-
rechte der einzelnen Landschaften, die vor allem in der Mitregierung
Ter Landstände bestanden. Wozu in Preußen demnach ein ganzes Jahr¬
hundert nötig gewesen war, das wollte Josef in den zehn Jahren seiner
Regierung (bis 1790) durchsetzen.
Er hob alle landschaftlichen Sonderrechte auf und teilte das ganze
Reich in Provinzen; er gab diesen gleiche Gesetze, gleiches Recht, ja auch
gleiche Sprache, nämlich die deutsche. Er beseitigte die Vorrechte des
Adels und der Geistlichen, beschränkte die Zahl ber letzteren durch Auf¬
hebung von 700 Klöstern und begründete auch in Österreich den Absolu¬
tismus. Alsabsoluter Herrscher hatte er dieselben Ziele wie Friedrich II.
Er erließ ein Dulduugsedikt, hob die Leibeigenschaft auf, sorgte für
Armenwesen und allgemeine Schulpflicht und schuf neue Einnahmequellen.
Indessen der Umstgnd, dgß er zu viel und glles guf einmal thun wollte,
hatte zur Folge, daß er in keiner Sache Erfolg hatte 'und mit dem Be¬
wußtsein starb: „Alle meine Pläne habe ich scheitern sehen".*
* Den mangelnden Sinn für langsame, geschichtliche Entwicklung kennzeichnet
nichts besser als seine Anordnung, bei Herrichtung des Praters in Wien anstatt
junger Sprößlinge, „die erst der Nachwelt gedient hätten", gleich ausgewachsene
Bäume zu pflanzen, „unter deren Schatten er selbst und seine Mitmenschen Ver¬
gnügen und Vorteil finden möchten".