272 - Neueste Geschichte. 3. Periode.
Der minder bedeutende Conflict mit Neapel, welcher sich wäh¬
rend des Krieges den Westmächten abgeneigt gezeigt hatte, ist nur
darum bemerkenswerth, weil der Pariser Congreß, als die italienische
Frage dort auftauchte, dem Könige von Neapel Maßregeln der
Milde und Gerechtigkeit im Interesse der Ruhe Italiens anempfahl.
König Ferdinand II. wies diese Vorstellungen, als einen Eingriff
in seine Sonveränetätsrechte, entrüstet zurück; die italienische Na¬
tionalpartei aber wurde in ihren Hoffnungen auf den Beistand des
Auslandes gestärkt.
146. Der Snndzoll und die Neuenburger Angelegenheit.
Seit Jahrhunderten beanspruchte Dänemark von den durch
den Sund und die Belte fahrenden Schiffen eine Abgabe, und zwar
vom Schiff wie von der Ladung, welche sowohl in ihrem Rechts-
titel als in ihrer Bemessung zu verschiedenen Zeiten bestritten, all¬
mählich zu einem vertragsmäßigen Recht geworden war, obwohl die
Ostseeschifffahrt dadurch unendlichen Nachtheil erlitt. Eben deshalb
hatte Preußen wiederholentlich Schritte gethan, um eine Ablösung
des Zolls herbeizuführen, ohne bei Dänemark große Geneigtheit
zu finden. Da brachte Nordamerika die Sache zur Entscheidung.
Der Vertrag der Regierung von Nordamerika mit Dänemark ging
im April 1856 zu Ende und dieselbe erklärte, daß sie ihn weder
erneuern noch fernerhin einen Zoll zahlen, einer etwaigen Behin¬
derung ihrer Schifffahrt aber mit Gewalt begegnen werde. Diese
Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht und veranlaßte Dänmarke,
alle beim Sundzoll interessirten Staaten zu einer Conferenz nach
Eopenhagen einzuladen, um die Frage gütlich zu lösen. Daber
erklärte sich Dänemark zum voraus bereit, auf eine Capitalisiruug
der Abgabe einzugehen, welche Summen dann auf die betreffenden
Staaten repartirt werden sollten. Die Conferenz kam auch wirklich
zu Stande und das Resultat derselben war ein unterm 14. März
1857 abgeschlossener Vertrag, wodurch die Sund- und Beltzölle
gegen eine Totalsumme von 30,376,325 Reichsthaler (wovon
4,440,027 Reichsthaler auf Preußen kamen) abgelöst wurden.
Die Neuenburger Angelegenheit war seit dem Jahr 1848
als ein untergeordneter Gegenstand in der Schwebe geblieben. )
*) Die Geschichte der preußischen Souverainetät über Neuenburg ist folgende:
Das Schloß Neuenburg, im 9. Jahrhundert erbaut, kam mit dem burgundischen