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Pand zerriß, das den Christen an die Kirche knüpfte; der Ge-
bannte war vom Gottesdienste ausgeschlossen, kein Sakrament
wurde ihm gespendet, seine Leiche wurde nicht eingesegnet. Der
Kirchenbann hatte, weil er auch die Lehensleute von der Pflicht
der Treue entband, für den Kaiser auch schwere politische
Folgen. Den Fürsten war ein Zeichen für den Abfall gegeben.
Sie versammelten sich zu Tribur und drohten, einen neuen
König zu wählen, wenn in Jahresfrist der Bann nicht von ihm
genommen sei; es wurde ferner bestimmt, daß der Papst nach
Augsburg kommen solle, um die Sache zu untersuchen.
Heinrich, dessen Lage sehr bedenklich war, beschloß, sich vor
dem Papste zu demüthigen. Er ging in dem strengen Winter
des Jahres 1077, nur von seiner Gemahlin und einigen Ge-
treuen begleitet, unter den größten Gefahren und Beschwernissen
über die Alpen. Gregor VII. befand sich gerade in dem Schlosse
von Canossa bei der Gräfin Mathilde, Tochter des Herzogs
von Toscana. Am 25. Januar 1077 fand sich Heinrich vor
diesem mit dreifachen Mauern versehenen Schlosse ein. Er wurde
in der Kleidung eines Büßers, in härenem Gewände, mit nackten
Füßen in die Burg eingelassen, dann das Thor hinter ihm
geschlossen. So stand er zwischen den beiden äußern Ringmauern
nüchtern vom Morgen bis zum Abende. Am 26. und 27.
wiederholte sich die Demüthigung. Am 28. Januar wurde
Heinrich in die Schloßkirche geführt, wo der Papst die Lösung
des Bannes aussprach. Heinrich sollte sich aber vor einer Reichs-
Versammlung und vor Gregor verantworten, und bis das geschehen,
sich jeglicher Ausübung königlicher Gewalt enthalten. <
Heinrich blieb den Winter über in Italien. In Deutsch-
land fiel derjenige Schlag gegen ihn, den er durch die Demü-
thigung vor dem Papste hatte abwenden wollen, indem seme
Feinde (1077) seinen Schwager, den Herzog Rudolf von
Schwaben, zum Könige wählten. Deutschland theilte sich in
zwei Parteien. Auf Heinrichs Seite standen unter andern die
Städte. Friedrich von Büren (der Stammvater der Hohen-
staufen), dem er das Herzogthum Schwaben gab, und der