A. Dentsche Geschichte.
In dieser Zeit schwerer Not starb der letzte Nachkomme Karls des Großen,
Ludwig das Kind 911]. Zu seinem Nachfolger wählte man Konrad J. von Franken.
Damit wurde das Deutsche Reich ein Wahlreich und blieb es bis zu
seiner Auflösung im Jahre 1806. Konrad war ein stattlicher, tapfrer Mann;
aber innere Kämpfe mit den Herzögen des Landes schwächten seine Kraft, so daß die
Ungarn ungestraft Süddeutschland verwüsten konnten.
2. Heinrichs Wahl. Als Konrad im Sterben lag, übergab er seinem Bruder
Eberhard die Reichskleinode und befahl ihm, dieselben dem Herzog Heinrich
von Sachsen zu bringen. Dieser war bisher sein größter Gegner gewesen;
aber er hatte ihn achten gelernt und war überzeugt, daß er allein das Reich
retten könne. Einstimmig wurde Heinrich von den Sachsen und Franken zum
Kaiser gewählt. Die Boten, die ihm die Nachricht von seiner Wahl über—
brachten, sollen ihn beim Vogelfang angetroffen haben. [Gedicht: „Heinrich
der Vogelsteller“ von Vogl.]
3. Heinrich macht sein Volk wehrhaft. Bald nach seinem Regierungs—
antritt wußte sich Heinrich durch geschickte Verhandlungen bei den Herzögen von
Bayern und Sachsen Anerkennung zu verschaffen. Den jungen Herzog von
Lothringen gewann er dadurch für sich, daß er ihm seine Tochter zur Gemahlin
gab. Die Folge davon war, daß Lothringen, dessen Herzöge sich früher
an Frankreich angeschlossen hatten, trotz aller Lockungen Frank—
reichs bis 1766 ein Teil des Deutschen Reiches blieb. Als Heinrich
die Einheit des Reiches wiederhergestellt hatte, fielen die Ungarn abermals
in das Reich ein und drangen weit nach Sachsen vor [924). Heinrich war um
diese Zeit krank und mußte vor ihnen in eine feste Burg flüchten. Zum Glück
gelang es, einen feindlichen Fürsten gefangen zu nehmen. Die Ungarn boten
hohes Lösegeld; aber Heinrich lehnte es ab und forderte für die Freilassung
des Gefangenen nur einen neunjährigen Waffenstillstand. Er wurde ihm ge—
währt unter der Bedingung, daß er in jedem Jahre einen hohen Tribut [Ab—
gabe] zahle. Den Waffenstillstand benutzte Heinrich, sein Volk wehrhaft zu
machen. Er ließ feste Burgen anlegen und größere Wohnsitze, wie Klöster,
Bischofsitze und große Dörfer, mit festen Mauern umgeben. So wurde der
Grund zu vielen Städten gelegt, wie Merseburg, Quedlinburg und Meißen.
Die Landbewohner zeigten aber wenig Lust, in die „steinernen Gräber“ ein—
zuziehen. Deshalb bestimmte Heinrich, daß von den Leuten, die von ihm
abhängig waren, jeder neunte Mann in eine Stadt oder Burg ziehen mußte.
Die andern bebauten das Land und hatten den dritten Teil des Ettrages der
Ernte an die festen Plätze abzuliefern. Dafür wurde ihnen versprochen, daß
sie bei einem plötzlichen Überfall in den Städten Schutz und Nahrung finden
sollten. Um das Volk mehr an das Zusammenleben zu gewöhnen, ließ Heinrich
auch die Märkte und öffentlichen Festlichkeiten in die festen Plätze verlegen. —
Bisher hatten die Freien am liebsten zu Fuß gekämpft. So konnten sie aber
gegen die berittenen Ungarn wenig ausrichten. Deshalb gewöhnte sie Heinrich
nach und nach auch an den Kriegsdienst zu Pferde.
4. Gründung von Marken. Ostlich von der Elbe und Saale wohnten
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