Full text: Erzählungen aus der neuen Geschichte (Theil 2)

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Gegenwehr fiel, drang dann, die Hände mit Blut besudelt, in 
die Nationalversammlung und forderte hier mit Ungestüm 
die Absetzung des Königs. Dieser wurde seiner Würde für 
verlustig erklärt und mit seiner Familie in den Tempel, einen 
alten Gefängnisturm, gebracht. 
An die Stelle der gesetzgebenden Versammlung trat jetzt 
ein durch'das Volk gewählter Nationalkonvent, der aus 
den wildesten Jakobinern bestand (September 1792). Die 
erste Verfassung wurde nunmehr aufgehoben, die Königswürde 
abgeschafft und Frankreich in eine Republik verwandelt. Zu- 
gleich wurde eine neue Zeitrechnung nach Jahren der Re¬ 
publik eingeführt und der christliche Kalender beseitigt. Alle 
Bildsäulen und Wappen des Königtums wurden zertrümmert: 
selbst die Königsgräber zu St. Denis wurden aufgewühlt, 
die Leichname aus den Särgen gerissen, und die Gebeine 
zerstreut. Nichts sollte mehr an das Königtum erinnern. 
Das Schicksal des unglücklichen Königs erregte die Teil- 
nähme und Besorgnis aller übrigen Monarchen, besonders 
des Kaisers Leopold- II. (1790—1792), der mit der franzö¬ 
sischen Königsfamilie so nahe verwandt war. Aber erst sein 
Nachfolger, Franz IL, eröffnete den Krieg gegen Frankreich, 
indem er sich mit Friedrich Wilhelm II., König von 
Preußen, verband. Preußen und Hessen drangen siegreich in 
Lothringen und in die Champagne ein. Schon vorher hatte 
der preußische Oberfeldherr, Herzog von Braunschweig, an 
die französische Nation ein Manifest erlassen, worin es hieß: 
„Alle Franzosen, welche die Rechte ihres Königs nicht sogleich 
anerkennen würden, besonders aber Paris, sollten die schwer- 
sten Strafen leiden: es solle dieser Stadt der Empörung er¬ 
gehen, wie einst Jerusalem, kein Stein solle auf dem andern 
bleiben, und die stolze Stadt vom Erdboden vertilgt werden." 
Eine solche Sprache mußte alle Franzosen auf das Höchste 
erbittern und gegen den äußern Feind unter die Waffen 
bringen. Bald strömten Jünglinge und Greise zu den Waffen 
und fochten mit einer solchen Begeisterung, daß die Preußen,, 
noch durch die ungünstigste Witterung, durch Mangel und 
Seuchen gelähmt, den Rückweg antreten mußten, und der 
französische General Custine sogar über den Rhein ging, 
Mainz besetzte und bis Frankfurt vordrang, von wo er aber 
durch die Hessen und Preußen wieder über den Rhein zurück-
	        
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