Full text: Erzählungen aus der neuen Geschichte (Theil 2)

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zwei herzförmige Flecken. Sie waren in Pelzwerk gekleidet 
und wußten Pfeil und Bogen gut zu gebrauchen. Auch aßen 
sie im Verhältnis zu ihrer Größe. Magalhaens hatte zwei 
gefangen, um diese Wunder von Größe mit nach Europa zu 
nehmen; von diesen zweien aß jeder täglich einen Korb voll 
Zwieback und trank in einem Atemzuge einen halben Eimer 
Wasser aus. Die Mäuse aßen sie roh, sogar ohne ihnen 
die Haut abzuziehen. Magalhaens nannte dieses Riesenvolk 
Patagonier. 
Auch er hatte mit Unzufriedenheit und Meuterei seiner 
Leute zu kämpfen. In Patagonien hatten sie schon den Plan 
gemacht, ihn zu ermorden. Die Verschwörung wurde entdeckt, 
und zwei der Schuldigen hingerichtet. 
Endlich erreichten sie eine schmale Meerenge, die von 
hohen, mit Schnee bedeckten Bergen eingeschlossen war. Ma- 
galhaens segelte hierauf zwanzig Tage durch die gewundene und 
höchst gefährliche Straße, die nach ihm Magalhaens-Straße 
genannt wird. Am 27. November 1520 erblickten sie endlich 
zu ihrer großen Freude das unabsehbare Meer. Die ganze 
Mannschaft vergoß Thränen der Freude und des Dankes 
gegen Gott. Von den fünf Schiffen aber, mit denen er ab- 
gesegelt, waren zwei verloren gegangen, mit den drei übrigen 
setzte er seine Fahrt weiter fort und steuerte in die unermeß- 
liehe Südsee. Ein günstiger Wind trieb ihn nun durch diesen 
weiten Ocean so ununterbrochen fort, der Himmel war so 
unveränderlich heiter, daß Magalhaens bewogen wurde, dieses 
Meer das stille zu nennen. Während einer Zeit von drei 
Monaten und zwanzig Tagen glitten die drei Schiffe so fort, 
ohne Land zu sehen. Auf eine so lange Fahrt hatte man 
sich nicht mit Lebensmitteln versehen; der Zwieback, den die 
Schiffenden aßen, war kein Brot mehr, sondern bloß Staub, 
mit Würmern vermischt und von einem unerträglichen Gestanke; 
das Wasser war faul. Um nicht Hungers zu sterben, mußten 
sie Stücke Rindsleder, die an den Tauen befestigt waren, zur 
Nahrung zubereiten. „Diese Lederstücke," sagt ein Reise- 
beschreiben der die Fahrt mitmachte, „waren von der Sonne 
und den Winden so gehärtet, daß wir sie vier bis fünf Tage 
lang im Meere einweichen mußten. Dann brieten wir sie 
auf Kohlen, um sie zu essen. Oft aßen wir auch Sägespäne 
und selbst Mäuse waren eine so gesuchte Speise geworden, 
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