Kimbern und Teutonen. Cäsar und die Deutschen.
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Gestalt in die christliche Zeit des Mittelalters fortgepflanzt und leben
zum Teil noch jetzt im Munde des Volkes. Vor der Schlacht wurde
der Schlachtgesang angestimmt, der den römischen Ohren wie das
Gebrüll wilder Tiere oder das Gekrächze der Raben klang.
§ 22. Die ersten Zusammenstöße mit den Römern.
a. Kimbern und Teutonen (113—101 v. Chr.). Furchtbar und
schreckenerregend war das erste Zusammentreffen der Deutschen mit
den Römern. Die Kimbern (Kempen, Kämpfer), ein germanischer
Volksstamm aus dem Norden, hatte mit Weib und Kind aus unbe-
kannten Gründen seine bisherigen Wohnsitze (wahrscheinlich Jütland)
verlassen, um neues Land zu erobern. Im Lande der keltischen Skor-
disker (am heutigen Tauern), stießen sie zuerst bei Noreja auf den
Konsul Cn. Papirius Carb o, der sie durch Verrat zu vernichten
suchte, aber in blutiger Schlacht erlag (113 v. Chr.) Hierauf strömte 113 v. Chr.
die Völkerwoge den Nordabhang der Alpen entlang in das fruchtbare
Gallien. Dort erlagen 4 consularische Heere ihrer Tapferkeit, am
furchtbarsten in der Schlacht bei Aransio, in welcher 80 000 Römer
und 40 000 Troßknechte die Walstatt deckten (105). Italien stand 105
ihnen offen, die Hauptstadt ergriff der „kimbrische Schrecken".
Aber die Kimbern benutzten den Sieg nicht. Sie suchten das ferne
Spanien heim und kehrten erst nach dreijährigem, fruchtlosem Kampfe
nach Gallien zurück/ wo sie sich nun mit einer andern germanischen
Völkerschaft, den Teutonen, und einigen gallischen Stämmen ver-
einten. Indessen hatte Rom Mittel zu seiner Rettung gefunden.
C. Marius, der Bauernsohn aus Arpinum, der Besieger des
Jugurtha, stellte in drei auf einander folgenden Consulatsjahren
(104. 103. 102) die verfallene Mannszucht her, gewöhnte die Sol¬
daten an den furchtbaren Anblick der Feinde und verteidigte sein
Lager gegen ihren wütenden Ansturm mit Glück. Der große Völker-
Haufe hatte sich schon vorher getrennt; die Teutonen und Am-
bronen zogen Rhone abwärts gegen Italien. Marius folgte ihnen
und schlug sie in harter Schlacht bei Aqua Sextiä (102) bis zur 102
Vernichtung. Indessen hatten die Kimbern den Brennerpaß über-
schritten, den Consul C. Lutatius Catulus über Etsch und Po
zurückgeworfen und in der fruchtbaren Ebene Winterquartiere bezogen.
Nun eilte Marius, jetzt zum 5. Male Consul, herbei, vereinigte sich
mit Catulus und siegte in der furchtbaren Schlacht bei Vercellä
(101) oder auf den campi Raudii. Das Volk der Kimbern war 101
vernichtet; was nicht auf dem Felde oder in dem Kampfe um die
Wagenburg erschlagen war, fiel in römische Sklaverei. Rom dagegen
war vom Untergang gerettet, und mit Recht priesen die Römer den
Marius als den dritten Gründer der Stadt; aber noch lange
lebte der Schrecken in dem Gedächtnis des Volkes.
b. Cäsar und die Deutschen. Ein halbes Jahrhundert verging,
ehe Deutsche und Römer sich wieder feindlich begegneten. Im Norden