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merkwürdige Figuren. Diese Figuren bedeuten entweder den
Gegenstand selbst, den sie darstellen, oder sie bezeichnen geistige
Begriffe. So wurde der Tag durch den Sonnenkreis bezeichnet,
Wahrheit durch eine Straufsfeder, Königsherrschaft durch den
Vorderteil eines Löwen. Man ging aber auch weiter und be-
zeichnete selbst Buchstaben durch solche Bilder. So bedeutete
ein Adler den Buchstaben A, ein Stern bedeutete ein S. u. dgl.
Neben dieser Hieroglyphenschrift gab es aber auch noch eine
Geheimschrift der Priester und eine leichtere Schrift, deren das
Volk für den gewöhnlichen Gebrauch sich bediente.
7. Die letzten Könige der Ägyptier. Die
grofsartigen Bauten der Ägyptier reichen in eine Zeit
zurück, wo das Volk ungestört von auswärtigen Feinden
eines friedlichen Daseins sich erfreute. Doch erzählt
uns die Geschichte dieser älteren Zeit auch von Königen,
welche bisweilen das Volk zu Kriegszügen versammelten
und verheerende Kriege bis tief in das Innere von Asien
unternahmen. Dahin gehört vornehmlich Ramses der
Grofse (um 1350 v. Chr.). Später kam die Regierung
in die Hände von Schwächlingen, und das Land wurde
wiederholt von fremden Eroberern heimgesucht. Eine
Zeitlang standen die Ägyptier sogar unter äthiopischen
Königen. Diese wurden aber von zwölf Fürsten (Dode-
kai’chen) vertrieben, welche sich in die Herrschaft teilten
und zur Verewigung ihres Namens das Labyrinth er¬
bauten, einen Palast, in welchem sich 3000 Säle be¬
funden haben sollen. Übrigens war ihre Herrschaft nur
von kurzer Dauer. Nach einer alten Weissagung sollte
derjenige einst ganz Ägypten beherrschen, der in einer
ehernen Schale opfern würde. Als nun einstens die
zwölf Fürsten gemeinschaftlich den Göttern ein Opfer
darbrachten, fehlte eine Schale. Entschlossen griff einer
der Fürsten, Psämmetich mit Namen, nach seinem