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wenige nord- und mitteldeutsche Staaten standen, nahm einen un-
erwartet raschen Verlauf. 1) Norddeutschland. In Norddeutsch-
land waren Hannover, Sachsen und Kurhessen unter den
Gegnern Preußens. Diese Länder wurden von den vollständig ge-
rüsteten Preußen sofort besetzt. Das hannoversche Heer siegte zwar
bei Langensalza, mußte sich aber zwei Tage darauf den Preußen
ergeben. Die sächsischen und hessischen Truppen entkamen nach
Süden. 2) Böhmen. Dann rückten die Preußen in drei Armeen
in Böhmen ein. Rechts drang dieElbarmee unter Herwarth
von Bittenfeld von Torgau her, in der Mitte die I. Armee
unter dem Prinzen Friedrich Karl von Görlitz her, links die
II. Armee unter dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm von
der Grafschaft Glatz durch die Lücken im nördlichen Gebirgswall
Böhmens in dieses alte Land der Schlachten ein. Ihnen gegenüber
stand an der obern Elbe das österreichisch-sächsische Heer unter dem
Feldzeugmeister Benedek. Benedek war ein tapferer, auf dem
italienischen Schlachtfeld erprobter Führer. Aber feiner großen Auf-
gäbe in diesem Krieg fühlte er sich selbst nicht gewachsen, er hatte
nur aus Gehorsam den Oberbefehl übernommen. Der Verlauf des
Kriegs war denn auch für Österreich überaus unglücklich. In einer
Woche war im Grund alles entschieden. Die Überlegenheit der
preußischen Bewaffnung und Führung zeigte sich sofort. Das fern-
treffende Zündnadelgewehr bewirkte, daß die Österreicher bei jedem
Zusammenstoß vier- bis fünfmal größere Verluste erlitten. Aber
auch die Führung war unentschlossen und ungeschickt. Zu einem
entschlossenen Angriff auf eines der beiden Hanptheere, den man
beabsichtigt hatte, kam es gar nicht. Die anfängliche Übermacht den
zwei noch getrennten Hauptheeren des Feindes gegenüber wurde
gar nicht benützt. In einer Reihe von Gefechten, die mit einer
Ausnahme (bei Trautenau 27. Juni) für die Preußen siegreich
waren, wurden von der Elbarmee und der I. Armee (bei Podol
und Hünerwasser, bei Jitschin) und von der II. Armee (bei Nachod,
Skalitz, Soor oder Trautenau, Schweinschädel) die einzelnen gegen-
überstehenden österreichischen Korps zurückgedrängt. Bei Königgrätz
(Sadowa), wohin sich Benedek nach den Niederlagen seiner Korps
zurückgezogen hatte, kam es am 3. Juli 1866 zu der eutscheidenden
Schlacht. Benedek sah die Lage schon vor der Schlacht so verzweifelt
an, daß er seinem Kaiser telegraphisch riet, um jeden Preis Frieden
zu schließen, da eine Katastrophe der Armee unvermeidlich sei.
König Wilhelm, der erst am 30. Juni mit Bismarck, Roon und
Moltke zum Heer abreiste, übernahm selbst die Leitung. Die Streit-
fräfte waren auf beiden Seiten ziemlich gleich, etwa 210 000 Öster¬
reicher gegen 220 000 Preußen. Aber im Anfang der Schlacht
war die II. Armee noch nicht zur Stelle. Daher konnten die
Preußen anfangs keine großen Fortschritte machen. Als der Krön-