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b. Da aber gleich darauf Dr. Eck von Ingolstadt seinen
Kollegen Karlstadt zu einer Disputation herausforderte, beteiligte
sich auch Luther an dieser Leipziger Disputation (1519). Er er¬
klärte dabei, daß der Papst nicht nach göttlichem Recht das Haupt der
Kirche sei, und daß das Konzil von Konstanz manche Sätze von
Hus mit Unrecht verurteilt habe. Das erschien als ein Angriff auf
die Grundlage der Kirche. Deswegen betrieb Eck in Rom seine
Bannung, die auch 1520 erfolgte. Luther aber schrieb in dem¬
selben Jahr die gewaltigen Reformationsschriften 1) an den
Adel der deutschen Nation von des christlichen Standes Besserung
und 2) von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche. Von
dem Bann ließ er sich so wenig schrecken, daß er vielmehr die
Bannbulle (Dez. 1520) vor dem Elsterthor in Wittenberg ins
Feuer wars. Seit 1518 wirkte an seiner Seite der gelehrte Philipp
Melanchthon, Sohn eines Waffenschmieds (Schwarzert) in Bretten,
geb. 1497, der in Pforzheim, Heidelberg und Tübingen studiert
und 17 Jahre alt zu lehren begonnen hatte. Er war durch seine
Gelehrsamkeit, namentlich seine Kenntnis der griechischen Sprache,
für Luther, den er zugleich in seiner milden und vorsichtigen Weise
schön ergänzte, ein sehr wertvoller Bundesgenosse. f
c. Indessen war nach Maximilians Tod 1520 Karl I von 1520.
Spanien (in Deutschland V.) zum Kaiser gewählt worden, ein
junger, aber über -sein Alter kluger Fürst (1520—1556). Mit
Rücksicht auf Luthers Landesherrn, Friedrich den Weisen von
Sachsen, willigte dieser ein, Luther in "Worms, auf seinem ersten
Reichstag, zuerst zu verhören, ehe er ihn in die Acht thue. Da
aber Luther in feierlicher Versammlung des Reichstages am 18. April
1521 jeden Widerruf verwarf, so wurde die Acht über ihn per-1521.
hängt. Vor derselben rettete ihn sein Kurfürst auf die Wart¬
burg, wo er vom Mai 1521 bis März 1522 verweilte, und die
Übersetzung der Bibel mit dem neuen Testament begann (das
neue Testament wurde im Jahre 1522, die ganze Bibel bis 1534
übersetzt.
3. Geschichte der Reformation bis zum Reichstag in Augs¬
burg (1530). a. Drohende Trübungen. Da während seiner
Abwesenheit in Wittenberg nicht nur Änderungen im Gottesdienst
begonnen wurden, sondern auch Karlstadt Bilderstürmerei zuließ
und die „Zwickauer Propheten" mit offener Schwärmerei auftraten,
kehrte Luther zurück und stellte rasch die Ruhe wieder her. Die
folgenden Jahre brachten mancherlei Kämpfe, namentlich den großen
Bauernkrieg (1525), der ganz Süddeutschland von Lothringen 1525.
bis zum Böhmerwald ergriff. Alte und neue Bedrückungen des
Bauernstandes hatten seine Geduld erschöpft. Run kam die Predigt
von der evangelischen Freiheit, die die Bauern nicht verstanden. JH&
Forderungen waren zum großen Teil billig. Aber sie begingen furcht-