— 73 —
bezeichnete man damals einerseits den Bittgang. Siebengestaltig
wurde er genannt, weil die Teilnehmer an demselben sich nach
Stand, Alter, Geschlecht in sieben getrennte Gruppen sonderten:
Kleriker, Mönche, Nonnen, Männer, verheiratete Frauen, Witwen,
Kinder. Jede dieser Gruppen zog von einer besondern Kirche aus
und nahm ihren besondern Weg; alle vereinigten sich in der Kirche
S. Maria Maggtore (Basilika Liberiana; Sancta Maria ad nives;
Sancta Maria ad praesepe) aus dem Esquiliuischen Hügel. Diese
Kirche hieß: „Maria die Größere" weil sie die übrigen der
Jungfrau Maria geweihten Kirchen Roms an Größe und Schön-
heit überragte. Mit „litania" bezeichnete man anderseits das
Bittgebet, welches in der noch heute üblichen Weise des Wechsel-
gebetes zur Anrufung Gottes und der Heiligen diente. Auch die
von Papst Gregor für diesen Bittgang angeordnete Litanei durfte
ihrer besonderen Art wegen eine „litania septiformis" — „eine
siebeng estaltige" — oder richtiger eine „litania septena" —
„eine siebenfache" — genannt werden. Denn jedwede ihrer An-
rufungen und Bitten wurde, um ihr größere Inbrunst zu verleihen,
sieben Mal wiederholt.
Als Papst Gregor mit dem Zuge der Kleriker in die Nähe
der „moles Hadriani'* gekommen und in gläubigem Vertrauen seine
Augen zum Himmel erhob, da erblickte er auf der höchsten Zinne
des Grabmals die Erscheinung des Erzengels Michael, wie er in
goldstrahlender Rüstung das Schwert in die Scheide steckte. Gregor
nahm dies zum Zeichen, daß Gott nunmehr das Strafgericht von
Rom abwenden werde. Seine Zuversicht täuschte ihn nicht: die
Seuche nahm ab und verschwand.
Gregors zweiter Nachfolger, Papst Bonifatins IV. (608—615)
ließ dann zum dauernden Angedenken an diesen Vorgang auf der
Zinne des Grabmals dort, wo ehedem das Viergespann Hadrians
gestanden, ein erzgegossenes Standbild des Erzengels Michael in
gewaltiger Größe aufstellen. Den kleineren Rundbau .des Grab-
mals richtete er zur Kapelle ein, welche dem h. Michael geweiht
war. Ihres hochgelegenen Standortes wegen wurde die Kapelle
„Sanctus Angelus inter nubes ad coelos" — „die Engelskirche
in den Wolken bis zu den Himmeln, genannt". Das Grabmal
selbst hieß seitdem seines neuen über die ganze Stadt leuchtenden
Schmuckes wegen: „Castel S. Angelo" — „die Engelsburg
Auch die Brücke zu den Füßen des Grabmals verlor ihren
alten Namen. Man nannte sie: „Brücke des h. Petrus" und
später: „Engelsbrücke". Auf derselben stehen heute auf hohen
Sockeln rechts und links Engelsgestalten in übermenschlicher Größe,