Full text: Geschichtliche Bilder und Vorträge

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Gefangenen zu bewachen. Papst Clemens hoffte noch immer auf 
Entsatz durch seine Verbündeten. Dieselben rüsteten sich wohl zur 
Hilfe; allein die Ausführung verschleppte sich. Am 26. November 
kam ein zweiter Vertrag zum Abschluß. — Clemens VII. unter¬ 
zeichnete diesen Vertrag bereits am 31. Oktober; Hugo Moneada, 
der Stellvertreter des Kaisers, am 26. November. — Kraft dieser 
neuen Vereinbarung erhielt Papst Clemens seine Freiheit und den 
Wiederbesitz des Kirchenstaates; dagegen verpflichtete er sich, an dem 
Fortgang des Krieges keinerlei Anteil zu nehmen und drei Kardinäle 
als Bürgen seiner Treue zu stellen. Gleichwohl blieb für Papst 
Clemens die Nähe des kaiserlichen Heeres gefahrdrohend und un¬ 
heimlich. Am 8. Dezember 1527 floh er aus der Engelsburg und 
rettete sich nach Orvieto. 
Die Engelsburg hat auch ihre Bedeutung gehabt als Auf- 
bewahrungsort für das päpstliche Archiv. Papst Sixtus IV. (1471— 
1484) ließ die wertvollsten Urkunden aus dem Vatikan in die 
Engelsburg überführen, deren mächtige Bollwerke auch für die un- 
ruhigsten Zeiten hinreichende Sicherheit zu bieten schienen. Diese 
Urkundensammlung in der Engelsburg hat in der Folge namentlich 
seit den Tagen des Papstes Clemens VIII. (1592—1605) einen 
solchen Umfang angenommen, daß dieselbe ihren eigenen Archiv¬ 
vorsteher — der erste war Kardinal Bartolomeo Cesi — erhielt 
und von dem Hauptarchiv im Vatikan bis zum Ende des vorigen 
Jahrhunderts getrennt blieb. Die Feuchtigkeit der Räume in der 
Engelsburg war zwar für jene Pergamenturkunden eine Gefähr- 
dnng; allein die Sicherheit des Ortes ließ diese Gefahr minder groß 
erscheinen. 
Als im Jahre 1798 die Engelsburg gleichwie die ganze Stadt 
von französischen Truppen besetzt wurde, forderte der neue französische 
Befehlshaber der Engelsburg von dem Archivar Gaetano Marini 
auch die Schlüssel zum päpstlichen Archiv daselbst. Derselbe ver¬ 
weigerte indes die Auslieferung. Drei Monate blieb das Archiv 
der Engelsburg in der Gewalt der Franzosen, freilich verschlossen 
und unversehrt. Nach langwierigen Verhandlungen gaben die Fran- 
zosen schließlich ihre Zustimmung zu der Überführung desselben in 
den Vatikan. Gaetano Marini mietete so viel Menschen und Karren, 
daß diese Überführung innerhalb eines einzigen Tages bewerkstelligt 
wurde. „Seit dieser Zeit giebt es nur „ein" päpstliches Archiv, 
welches in elf großen, schön ausgemalten Sälen der Westseite des 
vatikanischen Palastes untergebracht ist." 
Von den Päpsten wurde die Engelsburg auch als Gefängnis 
benutzt. Hier wurden Kardinäle, die durch Gegenmeinung oder
	        
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