201
Leo IX. als Begleiter mit nach Rom gegeben. Er hatte als Cardinal-Subdiacon die
städtischen Angelegenheiten zu leiten und die Geldgeschäfte des Papstes zu besorgen
und wurde dabei selbst reich, lernte auch durch Leo IX. die universelle Bedeutung der
römischen Kirche kennen. Unter dem Papste Victor II. behielt er dieselbe Stelle, trat
auch schon als Gesandter des Papstes in Frankreich streng gegen die Simonie auf.
Als bald nach Heinrich III. Tode auch Victor II. starb, wurde Stephan X. ohne Vor-
wissen der kaiserlichen Regierung zum Papste gewählt. Dieser faßte schon den
Plan, die Kirche völlig von den weltlichen Mächten zu befreien. Ein Freund des
Papstes, der Cardinal Humbert, schrieb damals eine Schrift gegen die Simonisten,
welche uns das Streben der Resormpartei erkennen läßt. Er fchildert die Folgen der
Simonie in den schwärzesten Farben: sie hat die Kirchen verarmt, geistliches Gut ent-
fremdet, den Klerus von weltlichen Herren abhängig gemacht. Darum muß zur Rettung
der Kirche die Simonie ausgerottet und dazu müssen die kirchliche und weltliche Gewalt
getrennt werden. Freilich verhalten sie sich zu einander wie Leib und Seele, so daß
sie einander bedürfen, aber die priesterliche Gewalt als die Seele ist die herrschende, sie
leiht die Gedanken, welche mit der weltlichen Macht durchzuführen sind. Vor der Hand
vermied man aber noch einen offenen Bruch mit dem Kaiserthum, und so wurde 1057
Hildebrand nach Deutschland gesandt, um die Genehmigung der Kaiserin für Stephan's
Papstwahl einzuholen. Er erhielt sie, aber Stephan, der energisch gegen die ver-
heiratheten Priester einschritt und auf strenge Kirchenzucht hielt, starb schon 1058 und
die römischen Großen, die des Joches der Reformpartei müde waren, hatten eigen-
mächtig Benedict X. zum Papste gewählt. Hildebrand kehrte gerade aus Deutschland
zurück und erkannte, daß, wenn nicht die ganze Reform zu Grunde gehen follte, diesem
Papste ein anderer gegenübergestellt werden und dazu das Recht der Ernennung durch
den König anerkannt werden müsse, um ihm das nöthige Ansehen zu verleihen. So
wurde mit Genehmigung des deutschen Hofes der Bischof Gerhard von Florenz,
Nicolaus III., ein geborner Burgunder, zum Papste ernannt. Er hielt in Sutri eine
Synode und setzte Benedict ab, und bald fiel auch Rom in seine Hände. Nun aber
änderte Hildebrand die Politik des römischen Stuhles,.er hatte in Deutschland und
Italien die Schwäche der Kaiserherrschast genugsam kennen gelernt, so daß er von nun
an danach strebte, daß das Papstthum, über jede weltliche Macht erhaben, frei seine
Aufgabe löste; er zog alle dem Kaiserthum feindlichen Mächte Italiens an sich, um sie
dem Papstthum dienstbar zu machen. Er benutzte dazu das in Italien mächtige Streben
nach nationaler Unabhängigkeit, die Auflehnung der niederen Volksklassen (der Pataria)
in den lombardischen Städten, wobei die Unabhängigkeit der Mailänder Kirche verloren
ging, und die Normannen in Unteritalien. Auf dem Concil zu Rom 1059 wurde
darum auch schon eine Revision der Ordnung der Papstwahl vorgenommen. Die
Cardinalbifchöfe sollten sich zunächst mit König Heinrich und dem seiner Nachfolger,
welchem dies Recht ausdrücklich vom apostolischen Stuhle eingeräumt sei, über die
Person des zu Wählenden einigen, dann erst sollte die Zustimmung des andern römischen
Klerus und des römischen Volkes eingeholt werden, auch war sie nicht an einen Kleriker
der römischen Kirche gebunden und die Wahl dürfe, wenn sie in Rom nicht ungehindert
stattfinden könne, an jedem anderen Orte von den Cardinalbischöfen, selbst unter nur
geringer Betheiligung der anderen Wahlberechtigten, vollzogen werden. Damit war
dem Könige nur persönlich ein Einfluß auf die Papstwahl gestattet, seinen Nachfolgern
brauchte er nicht zugestanden werden. Fortan war die völlige Selbständigkeit unter
Hildebrand's Einfluß das Streben des päpstlichen Stuhles. Zugleich setzte das Concil