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verlassen, anzugreifen. Aber die Nacht hinderte den Kampf. Am folgenden
Tage wurde sehr strenge Untersuchung gehalten; aber Graf Eckert wälzte
mit leichter Mühe die Schuld von sich ab, nicht so sehr durch den Schutz
des Rechtes und der Gesetze, als durch die Gunst und Nachsicht des Königs,
dessen Verwandter er war. Das ganze Gewicht der Anklage fiel auf den
Abt. Er, jagte man, sei der Hauptanstifter alles dessen, was vorgefallen
war, gewesen; er sei, um die Ruhe des königlichen Hoflagers zu stören,
mit vorbedachter Wuth gekommen; dafür spreche, daß er mit so zahlreicher
Mannschaft und so großem Prunke kriegerischer Rüstung gekommen sei,
da er doch keinen Anlaß gehabt habe, Gefahr zu besorgen.
Besonders ereiferte sich der Hildesheimer Bischof, welcher wegen der Kirchenver-
letzung die Fuldaischen excommunicirte, und der Abt hätte gewiß seine Würde verloren,
„wenn ihn nicht, den weder Gesetz noch Unschuld schützen konnte, das Geld geschützt
hätte. Denn er verkaufte und verschleuderte das Eigenthum des Fuldaischen Klosters
und kaufte 10 sich und die Seinigen zu dem theuersten Preise los. Wie viel dem
Könige, wie viel seinen Vertrauten, wie viel dem Bischöfe gegeben worden sei, haben
wir nicht ganz gewiß erfahren; denn es war dafür gesorgt, daß es nicht unter die
Leute käme/' Die Sache hatte aber noch ein trauriges Nachspiel in Fulda selbst, wo
die Mönche sich gegen den Abt empörten, so daß der Aufstand nur mit Gewalt unter-
drückt werden konnte.
4) In demselben Jahre (1063) vollzog sich auch, wahrscheinlich auf der Reichs-
Versammlung zu Altstadt, eine wichtige Veränderung im Reichsregiment; denn man
erkannte, daß das Ge^ammtregiment der Bischöfe nicht mehr zu halten war. Es wurde
daher dem Erzbifchof Anno die Erziehung des Königs anvertraut und
ihm und dem Erzbifchof Adalbert von Bremen in Gemeinschaft das
Reichsregrment übergeben. Aber auch das neue Regiment war bald in sich ge-
Ipalten; denn die beiden Führer waren ganz verschiedene Naturen. Anno, von statt-
licher Erscheinung, von eiserner, körperlicher und geistiger Kraft hatte sich durch unermüd-
liche Thätigkeit emporgearbeitet. Er wußte sich Freunde durch Beförderung feiner Ver-
wandten und Genossen zu schaffen. Klug im Umgange war er herablassend gegen Niedrige,
aber hochfahrend gegen Höhere und unbeugfam in feinen Ansichten. Er fchützte das Recht,
aber er wollte die königliche Gewalt durch die Fürsten und namentlich durch die Bifchöfe
zügeln, und darum bekämpfte er auch streng die herrischen Launen des jungen Königs, seines
Zöglings. Ganz anders geartet war Adalbert. Adam von Bremen, dessen ausführ-
liche Darstellung wir hier mit allen individuellen Zügen aus dem Grunde geben, weil
Adalberts Charakter in der Geschichte sehr verschieden beurtheilt wird, charakterisirt ihn so: i)
Erzbifchof Adalbert saß auf seinem Stuhle 29 (27) Jahre. Den
Hirtenstab bekam er vom Kaiser Heinrich IH. Seine Ordination fand statt
zu Aachen in Gegenwart des Kaisers mit den Fürsten, und indem zwölf
Bischöfe ihm die Hand auflegten (1045). Die so verliehene Fülle des
Segens stellte er oft denen entgegen, die ihn verwünschten, indem er
*) Adam von Bremen, Hamburgische Kirchengeschichte 3. Buch.