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einen innigen Freundschaftsbund mit dem Königssohne Pfylades. Als er heran⸗
gewachsen war, beschloss er, den Tod des Vaters zu rächen. Er kam nach Myeenä,
und brachte die Kunde, dass Orest beim Wagenrennen umgekommen sei. Hiedurch
wiegte er Klytämnestra und Ägisth in Sicherheit und tödtete dann beide. — Wegen
des grässlichen Muttermordes verfolgten ihn die Erinyen. Vergeblich erschien er vor
dem Areopäge in Athen, von welchem er unter Mitwirkung der Athene freigesprochen
wurde. Das Blut der getödteten Mutter ließ ihm keine Ruhe. Von Gewissensqualen
zefoltert, kam er zum Orakel des Apollo nach Delphi. Dort erhielt er die Weisung,
die Schwester aus Tauris abzuholen. Orestes meinte, es handle sich um die Statue
der Artemis, die ein Heiligthum in Tauris hatte, und gieng mit seinem Freunde
Pylades nach der fernen Halbinsel ab. Als sie dort ankamen, sollten sie als Fremdlinge
aach einer alten Sitte geopfert werden. Die Priesterin, die sie opfern sollte, war
Iphigenéia. Diese erkannte den Bruder und gab sich ihm zu erkennen. Mit ihrer
Hilfe hoffte Orest das Standbild der Göttin entführen zu können. Doch war dies
überflüssig, da das Orakel zu Delphi nicht die Schwester Apollos, sondern die Schwester
Orests gemeint hatte. Mit Leichtigkeit war diese Bediugung erfüllt; Iphigenie kehrte
mit Orest in die Heimat zurück. Orest wurde fortan von den Erinyen nicht mehr ge⸗
Juält und herrschte glücklich im Reiche seiner Väter.
5) Die Sagen von Odysseus.
Odysseus wurde nach seiner Abfahrt von Troia von einem Sturme zu den Loto—
phägen verschlagen. Seine Gefährten aßen von der Speise dieser Bewohner, dem
Lotos, und vergaßen der Heimkehr. Mit Mühe gelang es Odysseus, sie zu bewegen,
die Schiffe zu besteigen und weiter zu fahren. Sie gelangten zu einer Insel, an der
sie ausstiegen. Landeinwärts wandelnd, bemerkten sie eine Höhle, in welcher Butter,
Küse und Milch war. Sie aßen hievon, als plötzlich ein Riese mit einem Auge auf
der Stirne eintrat. Es war der Cyklop Polyphémus, des Poseidon Sohn. Sogleich
derzehrte er zwei Gefährten und fragte Odysseus um seinen Namen. Dieser antwortete,
er heiße „Niemand“. Am nächsten Tage trieb der Riese seine Herde auf die Weide
und wälzte einen Felsblock vor den Eingang der Höhle. Als er abends heimkehrte und
wie am Morgen zwei Gefährten verschlang, gab ihm Odysseus von dem Weine, den
er in einem Schlauche mitgenommen hatte, zu trinken, so dass der Cyklop in einen
sesten Schlaf verfiel. Dann nahm er einen Pfahl und stieß ihm das einzige Auge, das
er hatte, aus. Von namenlosem Schmerze gequält, schrie der Cyklop so, dass alle
seine Kameraden herbeieilten. Als sie jedoch von Polyphem hörten, dass ihm „Niemand“
ein Leid zugefügt habe, giengen sie wieder in ihre Höhlen. Indes waren Odysseus
und seine Genossen durch den Felsblock am Eingange der Höhle verhindert, fortzugehen.
Da ersann Odysseus eine List. Als am Morgen der Riese die Schafe herausließ, be⸗
jestigte er seine Gefährten an den Bauch der Thiere. Er selbst hielt sich am unteren
Vliese des stärksten Widders an, und so gelangten alle glücklich ins Freie. Eilig
ruderten die Geretteten nun weiter und gelangten an die Insel des Lolus. Dort wurden
sie freundlich aufgenommen, und der Windgott gab dem Odysseus einen Schlauch, in
welchem alle ihm widrigen Winde eingeschlossen waren. Odysseus bewachte den Schlauch
sorgfältig; als er jedoch einschlief, öffneten seine neugierigen Gefährten denselben, und
zie entfesselten Winde fiengen an zu toben und verschlugen die Schiffe an die Küste
»er räuberischen Lästrygönen. Mit dem Verluste von 11 Schiffen fuhr Odysseus
veiter und gelangte auf eine Insel, auf der die Zauberin Circe (Kirke) wohnte. Diese