Metadata: Lehrbuch der deutschen Geschichte für Seminare und höhere Lehranstalten

758 
lartb nicht unberührt. Aus den in einigen Bundesstaaten ausbrechenden Unruhen gingen 
für dieselben wesentliche Veränderungen hervor. Braunschweig erhielt nach der Ver- 
treibung seines willkürlichen Herzogs Karl in dessen Bruder Wilhelm einen anderen 
Regenten, Sachsen und Hessen-Cassel eine Mitregentschaft, und Hannover 
einen Vicekönig in der Person des Herzogs von Cambridge; alle diese Staaten 
nahmen das Constitution eile System an. In Baden, Darmstadt und Rheinbayern 
kam es zu bedenklichen revolutionären Ausschreitungen gegen den Frankfurter Bundes- 
tag in dem Hambacher Fest (1832) und dem Frankfurter Attentat vom 
13. April 1833. Da war Metternich wieder bemüht, alle diese Bewegungen durch 
neue Bundesbeschlüsse niederzuhalten, und äußerlich kehrte auch wirklich Ruhe zurück 
So konnte es ungehindert geschehen, daß der König Ernst August von Hannover 
(1837) bei seinem Regierungsantritt die bisherige Verfassung umstürzte und sieben 
Professoren (Dahlmann, Jacob und Wilhelm Grimm. Gervinus, Ewald, Albrecht und 
Weber), die sich weigerten, diesen Gewaltschritt anzuerkennen und den Eid zu leisten, 
des Landes verwies. 
Ein Lichtblick in diesen Wirren war die von Preußen in die Hand genom- 
1833. mene Gründung des deutschen Zollvereins (1833), womit Preußen unbewußt 
dem Gedanken der deutschen Einheit diente. Nachdem es bereits im Jahre 1818 alle 
Zollschranken innerhalb seiner eigenen Staaten beseitigt hatte, machte sich in den 
folgenden Jahren zunächst das Bedürfnis geltend, die vielen kleinen Gebiete, welche irf 
seine sehr weit sich ausdehnende und darum schwer zu bewachende Zollgrenze ein- 
schnitten oder von ihr umschlossen waren, in dieselbe hereinzuziehen. Als dies glücklich 
vollbracht war, traten seit 1828 auch größere deutsche Staaten dem preußischen Zoll- 
system bei; zuerst 1828 das Großherzogthum Hessen, dann nach und nach bis 1842 
Kurhessen (1832), Bayern, Württemberg, Königreich Sachsen und die thüringischen 
Staaten (1834), Baden, Nassau, Frankfurt a. M. (1836), Braunschweig, Luxemburg 
und das Fürstenthum Lippe (1842). Zwar waren es lediglich materielle Interessen, 
welche diese Vereinigung deutscher Staaten unter Preußens Führung in's Leben riefen, 
und auch die Folgen derselben machten zunächst nur auf materiellem Gebiete sich geltend. 
Handel, Verkehr und Gewerbe nahmen, seit die Dampfkraft benutzt wurde und die 
Erfindung des Dampfwagens und der Eisenbahnen (1832) sich verbreitet hatte, einen 
Überraschenden Aufschwung. Die deutsche Handelsflotte begann mit der englischen und 
amerikanischen zu wetteifern. Aber auch eine gesteigerte innerliche und geistige Annäherung 
konnte bei so gehobenem Verkehr um so weniger ausbleiben, als man das Bedürfnis hierzu 
überall lebhaft empfand und unter den gemeinsamen Leiden, die man im politischen 
Leben erduldete, das Gefühl der Zusammengehörigkeit wieder erwacht und erstarkt war. 
Am 7. Juni starb Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Die Anspruchs¬ 
losigkeit und Einfachheit, welche er sein ganzes Leben hindurch bewährt, die Gerechtig- 
keitsliebe, welche er in allen Verhältnissen an den Tag gelegt hatte, hatten ihm im 
Lande wie bei den Nachbarn außerordentliche Verehrung und Hochachtung erworben. 
Seine vortrefflichen Eigenschaften aber waren die Frucht einer innigen, tiefen Frömmigkeit 
gewesen, die ihn auch das schwerste Leiden mit Ergebung und Vertrauen hatten tragen 
lassen. Ein Zeichen seines christlichen Sinnes war die Stiftung der evangelischen 
Union zwischen Lutheranern und Reformirten 1817. Das reinste Glück hatte er gesucht 
und gefunden in ländlicher Stille innerhalb seines Familienkreises, was ihn auch, als 
alle seine Söhne und Töchter vermählt waren, im Jahre 1824 bewogen hatte, eine 
morganatische Ehe mit der Gräfin von Harrach einzugehen, der nachmaligen Fürstin
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.