Full text: Der Weltkrieg ([Erg.-H. 1])

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Bündnis mit Japan ein Doppeltes erreicht. Es hatte Rußland in Asien uu- 
schädlich gemacht; dazu war das große Reich reif geworden für ein deutschfeind- 
liches Bündnis. Im Jahre 1907 kam der ersehnte Vertrag zustande, der 
allerdings nur über asiatische, hauptsächlich persische Besitzverhältnisse sprach. 
5. Der Dreiverband. Beide Abmachungen, sowohl die mit Frankreich, 
als auch die mit Rußland, enthielten ihrem Wortlaut nach nichts Feindseliges 
gegen Deutschland, und doch bildeten sie, wie die Folge zeigte, den Unterbau 
für ein gemeinsames Vorgehen gegen unser Vaterland. Auch waren es keine 
festen Bündnisverträge, sondern der Hauptsache nach Vereinbarungen über In- 
teressengebiete in fremden Erdteilen; aber sie wurden ergänzt und vertieft durch 
spätere geheime Verabredungen bezüglich des Kriegsfalls gegen Deutschland. 
Auch diese neuen Abmachungen, die zum Teil noch durch König Eduard, zum 
Teil durch seine gelehrigen Schüler, die Minister Grey und Churchill, getroffen 
wurden, waren so vorsichtig abgefaßt, daß sie dem buchstäblichen Wortlaut nach 
keine Verpflichtungen enthielten und jeden Augenblick im englischen Parlament 
und nach außen abgeleugnet werden konnten. Aber sie hatten doch soviel 
moralische Bindung, daß sie in der Stunde einer ernsten Entscheidung sofort 
in Kraft treten mußten. Tatsächlich hatte sich also der diplomatische Ring um 
Deutschland gelegt. Frankreichs unstillbarer Rachedurst, Rußlands unersättliche 
Eroberungsgier und Englands schäbiger Neid hatten sich geeint. Der sogenannte 
Dreiverband war fertig. 
6. Dreibund und Dreiverband. So hatten sich die Mächtegruppen klar 
geschieden: hier der auf festen Verträgen beruhende, aber durch die schwankende 
Haltung eines Mitgliedes morsch gewordene Dreibund, dort der ohne feierliche 
Bündnishandlung geschlossene, aber innerlich um so fester gefügte Dreiverband. 
Eine unerträgliche Spannung legte sich über Europa; es verging kein Jahr 
ohne Kriegsgefahr; die Völker seufzten unter der Last der schweren Rüstung. 
In Rußland und Frankreich zumal wurden die Vorbereitungen in einem Grade 
betrieben, daß sie sich von einer Kriegsbereitschaft nicht wesentlich unterschieden. 
Und schon rechneten Kenner der Verhältnisfe aus, daß im Frühjahr 1915 der 
große Zusammenstoß mit Notwendigkeit erfolgen müsse. Er ist etwa Jahr 
früher erfolgt, des Deutschen Reiches und seiner Verbündeten Schicksalsstunde 
hat schon im Jahre 1914 geschlagen. Die Schuld hieran hatte der ver¬ 
brecherische Größenwahn eines kleinen Balkanstaates — Serbiens. 
4. Der Ausbruch des Krieges und der dixls«uatifche 
Aufmarsch der partete«. 
1. öfterreich und Serbien. Serbien hatte im vorigen Jahrhundert 
langsam und nicht ohne fremde Hilfe sein selbständiges politisches Dasein wieder 
gewonnen; es war aber an innerer Ordnung und Festigkeit und an sittlicher Reise 
weit hinter den jüngeren Balkanstaaten zurückgeblieben. Trotzdem machten sich 
in keinem dieser Länder so ausschweifende Ausdehnungshoffnungen geltend, 
wie gerade in diesem halbbarbarischen Staatsgebilde. Die serbischen Ansprüche 
bezogen sich auf uralte Gebietsteile des Donaustaates. Man wollte nicht nur 
Bosnien, Dalmatien und den südlichen Banat erwerben, wo Serben in Überzahl 
wohnen, nein, man machte die Kroaten zu Serben und verlangte Kroatien
	        
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