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durch die straffe und streng monarchische, ja despotische Herrschergewalt des
Königs Ludwig XIV. und wurde mehr und mehr zu Angriffen auf das
geteilte und ohnmächtige Deutschland befähigt und ermutigt. Und als
diese nun in unerhörter Frechheit erfolgten, gab es nur einen Fürsten in
Deutschland, der in Liebe zu seinem Vaterland mit Umsicht und Kraft
dessen Ehre schützte. Es war Friedrich Wilhelm von Brandenburg,
der Große Kurfürst, der Begründer des brandenburgisch-
preußischen Staates. Dieser kleine Staat besaß in sich die Kraft, daß
er unter der zielbewußten Staatskunst der Hohenzollern sich fortan
zum festen Hort des Deutschtums gestaltete; aus ihm erwuchs das König-
reich Preußen und aus diesem das neue Deutsche Reich.
Der brandenburgisch-preußische Staat ist aus zwei deutschen Ko-
lonieen im slawischen Osten hervorgegangen, aus jener in der Mark
Brandenburg und der im Preußenlande. Beide wurden von den Hohen-
zollern vereinigt und haben sich darauf so entwickelt, daß sie einen großen
Teil des deutschen Mutterlandes umschlossen.
a) Die Geschichte der Mark Brandenburg bis znm Regierungsantritt
des Großen Kurfürsten.
1. Die Entstehung der Markgrafschaft Brandenburg. In dem
Lande rechts der Elbe, an der Havel und Spree, wohnte in der ältesten
Zeit der kriegerische Germanenstamm der Semnonen, der edelste Zweig
der snevischen Völkerschaften, die alles Land zwischen Elbe und Weichsel
inne hatten. Beim Beginn der Völkerwanderung (375) verließen die
Sueven ihre Sitze und zogen nach Westen und Süden; auch die Sem-
nonen wanderten aus. In dem entvölkerten Lande ließen sich darauf die
Wenden, ein Teil der Slawen, nieder, die jahrhundertelang friedliche
Nachbarn der Sachsen blieben; von diesen wurden sie durch die Elbe und
Saale geschieden. Wie die Germanen, so teilten sich auch die Wenden in
mehrere Stämme, von denen die Obotriten im heutigen Mecklenburg,
die Lutizeu oder Wilzen an der Havel und Perne und die Sorben
von der Saale bis zum Bober die bedeutendsten waren. Die Wenden
waren von kräftigem, gedrungenem Körperbau mit dunkeln Augen und
Haaren. Sie kleideten sich nach morgenländischer Art in lange Gewänder,
auch erinnerte die Stellung der Frau und manche andere gesellschaftliche
Einrichtungen an ihre Abstammung von den Sarmaten. Sie zeichneten
sich aus durch strenge Ehrlichkeit, Wahrheitsliebe und Gastfreundschaft.
Den Ackerbau betrieben sie rührig und hielten treffliches Vieh. Sie
wohnten in Städten und Dörfern, und fast jede Stadt war durch eine