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Das Gebiet der Ems und Vechta.
von der rechten Seite Zuflüsse empfängt. Seine Schiffbarkeit auf
dieser Strecke wird durch zahlreiche Sandbänke sehr erschwert, und
deshalb hat man in unserem Jahrhundert von Lingen bis Meppen
neben dem Flusse einen Schiffahrtskanal hergestellt, der aber zu
geringe Breite und Wassertiefe hat, um seinen Zweck vollständig
erfüllen zu können.
Lingen (5700 Ew.) ist der Hauptort der Grafschaft Lingen,
die sehr wechselvolle Schicksale gehabt hat. Sie bestand aus zwei
Theilen, der oberen Grafschaft mit Tecklenburg am Teutoburger
Walde und der unteren Grafschaft mit L i n g e n und Freren. Kaiser
Karl V nahm in Folge des Schmalkaldifchen Krieges das Land den
Grafen von Tecklenburg ab und vereinigte es mit seinen Niederlän-
dischen Besitzungen. Als aber die Niederlande sich von der Spa-
nischen Herrschaft frei machten, kam es in die Hände der Oranier,
welche in den Niederlanden die Erbstatthalterwürde bekleideten,
dann durch Erbschaft 1702 an die Krone Preußen, welche dann
1815 die niedere Grafschaft an Hannover abtrat. Lingen hatte
stets als Uebergangspunkt nach Holland eine große Bedeutung.
Von hier aus zogen jährlich Tausende von Arbeitern aus Oldenburg
und den benachbarten Hannoverschen Provinzen im Sommer nach
Holland, um dort als Tagelöhner zu arbeiten. Jetzt, wo es in der
eigenen Heimat nicht an lohnender Arbeit fehlt, nimmt die Zahl
dieser Hollandsgänger von Jahr zu Jahr ab.
Unterhalb Lingens erstreckt sich am linken Ufer der Ems bis
an die Gränze von Ostfriesland das öde, unwegsame Bourtanger
Moor, eine wahre Völkerscheide. Nur wenige auf trockeneren
Sandhügeln angelegte Kolonien, z.B. Rütenbrook, unterbrechen
die trostlose Einförmigkeit dieser weiten Einöde. —
Bei Meppen vereinigt sich die Hase mit der Ems. Wir
kennen diesen Fluss schon bis zu der Stelle, wo er bei dem gewerb-
reichen Städtchen Bramsche (2000 Ew.) in die Ebene eintritt.
Von diesem Orte ab fließt er etwa 4 Meilen [30 km] weit nordwärts
bis Quaken brück (2200 Ew.), der Gränzftadt gegen Oldenburg,
und wendet sich dann westwärts, um über Haselünne (1700 Ew.)
nach 8 Meilen [60km] langem Laufe bei Meppen die Ems zu
erreichen. Längs seiner Ufer liegen recht fruchtbare Strecken, sonst
aber ist das Land ein trauriges Durcheinander von Sand und Moor,
nachdem man schonungslos in früheren Jahrhunderten den Eichwald,
der die Gegend bedeckte, und von dem sich noch hin und wieder
Spuren finden, vernichtet hat. Wo möglich noch öder ist das Land
nördlich der Hase bis zur Gränze von Ostfriesland. Hier giebt es