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kluge und geschickte Unterhandlungen als durch die Gewalt der Waffen
sein Ziel zu erreichen. — Philipp, ein jugendlich schöner Mann, und seine
anmutige Gemahlin, die griechische Prinzessin Irene, gewährten dem deutschen
Volke das Bild feiner Sitte und häuslichen Glückes auf dem Königsthron."
So hatte Deutschland wieder Gegenkönige, die sich 10 Jahre hindurch
mit großer Bitterkeit bekämpften; ganz Deutschland war in zwei Lager
gespalten; der alte Ruf: „Hie 3®elf! Hie Waibliuger!" ertönte aufs neue.
c) Der Damnliflc Papst Jnnoccnz III.
In Rom saß zu jener Zeit der klügste und nach Gregor VII. der
bedeutendste Papst Jnnocenz III. auf dem päpstlichen Stuhl, der die Lehre,
„daß die Gewalt des Papstes soweit über die kaiserliche erhaben sei, als
das Licht der Sonne das des Mondes überstrahle; gleichwie der Mond
das Licht von der Sonne empfängt, also auch der Kaiser seine Macht
aus der Hand des Papstes, des Stellvertreters Christi auf Erden", mit
Eifer und Glück in Wirklichkeit umzusetzen versuchte.
Zunächst brachte er die geistlichen Fürsten in größere Abhängigkeit
von Rom, als dies bisher der Fall war. Alle Geistlichen mußten ihm
unbedingten Gehorsam schwören und die Bischöfe von ihm (bisher von
ihrem Erzbifchof) die Bestätigung ihrer Wahl erbitten.
Weiter wollte er die Geister ganz in Fesseln legen. Infolgedessen
erregte er in Süd-Frankreich den Vernichtungskampf gegen die unglücklichen
Albigenser (teils Waldenser, teils andere Sekten). Zu demselben Zwecke
richtete er das Glaubensgericht oder die Inquisition ein, welche jede Ab-
weichung vom alleinseligmachenden katholischen Glauben als Ketzerei mit
dem Feuertode bestrafte. (In Südeuropa starben über 39,000 Menschen
und über 300,000 wurden durch dasselbe zeitlebens unglücklich).
In Deutschland konnte gottlob die Inquisition keinen festen Boden
fassen. Als sich der Ketzerrichter Konrad von Marburg, um das Jahr
1230, auch an die Edlen wagte, lauerten ihm etliche Dienstmannen derselben
auf und erschlugen ihn in der Nähe von Marburg. Hinfort wagte sich
kein Ketzerrichter wieder nach Deutschland.
Der Papst Jnnocenz genehmigte die Stiftung der beiden berühmten
Bettelorden, der Franziskaner durch den heiligen Franz von Assisi und
der Dominikaner durch den heiligen Domingo. Beide Orden standen nn-
mittelbar unter dem Papste und waren stets bereit, seine Befehle in allen
christlichen Ländern auszuführen. —
Auch die weltlichen Angelegenheiten suchte der herrschsüchtige Papst
durch seine Gesandten, Legaten genannt, nicht nur zu beeinflussen, sondern
wohl gar zu lenken. In England behielt er in einem Streit mit dem
König Johann, dem schwachen Nachfolger Richards, die Oberhand und
zwang jenen, sein Reich als Lehen aus den Händen des Papstes zu
nehmen. (Die empörten Großen zwangen ihn zur Gewährung von vielen
Freiheiten (Magna Charta genannt), welche die Grundlage der englischen
Verfassung bilden).
Bei der zwiespältigen Wahl in Deutschland warf sich Jnnocenz
sofort zum Schiedsrichter auf. Da er die große Hausmacht der Hohen-