Full text: Unsere Kaiser und ihr Haus

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der Knabe wurde zu Ravenna erzogen. „Er hatte hier mit großer Schmach 
zu ringen" (Taeitns); hieraus schließt mau, daß er zum Gladiator erzogen 
wurde. Vergl. das Gedicht: „Der Fechter zu Ravenna"! 
Als Armin von der Gefangennahme seiner Gattin hörte, durchflog 
er „voll wahnsinniger Wut" die germanischen Gaue und rief die Stämme 
zum Rachekampf gegen die Feinde auf. die es nicht verschmähten, ein 
schwaches Weib fortzuschleppen. — 
Beim Weitermarsche kam Germanikus in die Gegend der Unglück- 
liehen Schlacht im Teutoburger Walde. Ein grausiger Anblick wurde 
seinen Scharen zu teil: sie fanden noch die gebleichten Gebeine der Ge- 
falleueu gemischt mit Bruchstücken von Waffen und Gliedmaßen von Pfer- 
den, und die Opfersteine, auf denen die Vornehmsten der Gefangenen ge- 
blutet hatten. Ein ungeheures Grab wurde mit den traurigen Überresten 
angefüllt und ein Grabhügel darüber geworfen, zu dem Germanikus selbst, 
tief betrübt und tief erbittert, den Anfang machte. — Einem Teile des 
römischen Heeres wäre beim Rückzüge fast dasselbe Schicksal wie 7 Jahre 
vorher dem Heere des Varns bereitet worden. Nachdem Germanikus in 
einem Kampfe mit Armin große Verluste erlitten hatte, eilte er mit einem 
Teile feines Heeres die Ems hinab und die Küste entlang an den Rhein 
zurück. Den anderen Teil führte der waffenerprobte Eäeina, durch die 
sumpfigen Gegenden links von der Lippe, dem Rheine zu. Bei der söge- 
nannten langen Brücke hatten sich die Germanen aufgestellt; sie umziugel- 
ten fein Heer und setzten ihm furchtbar zu. Schon fahen die Römer das 
Schicksal des Varus als nun auch ihr eigenes lebhaft vor Augen, als ein 
voreiliger Angriff der Gegner zurückgewiesen wurde, sie ihre Reihen durch- 
brachen und wenn auch mit schweren Verlusten den Rhein erreichten. — 
Der Heeresteil des Germanikus hatte durch Sturmfluten gleichfalls große 
Verluste an Menschen und Gepäck erlitten. 
16 nach Chr. Das folgende Jahr brachte die blutigen Zusammen- 
treffen bei Jdistaviso, in einer Ebene zwischen Minden und Hameln ge- 
legen, und darauf am Steiuhuder Meer. Die Germanen wurden trotz 
ihrer Tapferkeit zwei Mal geschlagen, aber doch nicht entscheidend. Da 
rief der Kaiser Tiberius, am Erfolge verzweifelnd, vielleicht auch, wie 
manche meinen, weil er dem tapfern Neffen die Siege mißgönnte, nach 
Italien zurück. Die Germanen blieben frei! 
Leider kehrten sie jetzt ihre Schwerter gegen einander. Da Marbod 
gegen die Römer keine Hilfe gebracht hatte, überzog ihn Armin mit Krieg 
und besiegte ihn vollends. Marbod wurde darauf von den Markomanen 
vertrieben; er flüchtete sich zu den Römern und empfing von diefen zu 
Ravenna das Gnadenbrod bis an sein Ende. 
Der edle Armin erntete bei seinem Volke schlechten Dank für seine 
Heldenthaten. Als er nach der Königswürde strebte — er wollte die 
Herzogswürde, die ihm sein Stamm auf 10 Jahre übertragen hatte, wahr- 
scheinlich in eine dauernde umwandeln — fiel er durch die Hinterlist seiner 
Verwandten, welche sich in ihren Ansprüchen und Rechten durch ihn be- 
nachteiligt glaubten.
	        
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