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Die Unterwelt ist eine freudlose Stätte; der Held Achilles
wollte lieber der ärmste Mann auf Erden sein, als der König im
Totenreich. Die Seelen schweben wie Schatten über einer nebligen
Wiese einher. Nur die besonders Gerechten wohnen göttergleich
im Gefilde des ElMums oder auf der „Insel der Seligen". Sie
ist umflossen von Lethe, dem Strome der Vergessenheit; aus ihm
trinken die gerechten Seelen, damit sie alles Leid vergessen, das
sie auf Erden erduldet haben. Die Frevler dagegen erleiden ewige
Strafen im Tartarus. Dies ist der tiefste Abgrund der Unter-
welt und so weit unter der Erde, als der Himmel sich über ihr
wölbt. Schrecklich ist bei manchen die Strafe; ein Verbrecher,
namens Sisyphus, muß z. B. einen Felsblock bergan schieben,
aber immerfort entrollt ihm der gewaltige Stein wieder abwärts.
§ 21. Tempel und Priester. Der säulenumgebene Tempel
galt nur als Wohnstätte des Gottes, nicht auch als Versammlungs-
ort der Gläubigen. Er war deshalb nicht groß. Von Osten,
dem Aufgange der Sonne, her trat man durch eine Vorhalle ein.
An den Tempelwänden standen oder hingen Weihegeschenke, nament-
lich goldene und silberne Gefäße, auch Beutestücke siegreicher Feld-
Herren. Im Hintergrunde, gegenüber dem offenen Eingange,
ragte das Götterbild empor; es war in älterer Zeit aus Holz,
später aus Bronze, Marmor oder edlem Metall. Vor dem Bilde,
hinter dem die Schatzkammer des Tempels war, stand ein Altar, *
gewöhnlich ein rund oder viereckig behaltener Stein.
Die Priester waren keine Lehrer der Religion und bildeten
auch keinen besonderen Stand, sondern galten nur als Tempel-
diener und Verwalter des Tempelgutes. Sie sind etwa mit den
jüdischen Leviten zu vergleichen. Ihr Amt wurde durch Wahl
oder Los, auch wohl für eine bestimmte Zeit vergeben. Ein langes
weißes oder purpurfarbenes Gewand und lang wallendes Haar
waren ihr Abzeichen.
§ 22. Die gewöhnliche Götterverehrung. Die allgemeinste
Art, die Götter zu verehren, war das Gebet. Wer beten wollte,
beugte das rechte Knie und erhob die Arme zum Himmel; die
offenen Handflächen kehrte er dabei wie zum Empfange der gött-
lichen Gabe nach oben. Man betete morgens, abends und vor
der Mahlzeit; auch öffentliche Verhandlungen wurden nie vor-
genommen, ohne daß die Gunst der Götter erfleht wurde. Vor
jedem Trünke goß man etwas aus dem Becher als fromme Spende
auf den Boden; wer an einem Götterbilde vorüberging, grüßte es ^
durch eine Handbewegung.
Alles Auffällige in der Natur, wie Donner und Blitz, jedes
plötzliche Vorkommnis im täglichen Leben, wie Stolpern beim