IV. Deutsche Kaisergeschichte. Drittes Kapitel. 193
Liebenswürdigkeit gewann er sich die Herzen seiner Unterthanen und
nahm, als das Gerücht von Konradins Tode sich in Sicilien verbreitete,
auf dringende Bitten der Stände die Krone an. Allein der Papst
belehnte nun mit der Regierung des sicilischen Reiches den
Bruder des Königs von Frankreich, den Grafen Karl von Anjou,
und dieser drang, unterstützt von einem französischen Heere, schnell nach
Rom vor, wurde hier gekrönt und siegte über seinen Gegner Manfred
bei Benevent. Als dieser sah, daß die Schlacht verloren war, stürzte
sich der schöne ritterliche Held mitten in das dichteste Kampfgewühl und
verschwand in dessen Wogen. Seine Leiche wurde auf Karls Befehl
als die eines Gebannten in einer Grube in nngeweihter Erde verscharrt-
aber das Volk, selbst die Franzosen, die sein Unglück ehrten, errichteten
ihm ein Denkmal, indem jeder einen Stein auf sein Grab trug, und
die Stätte erhielt den Namen „Fels der Rosen." Durch die grausame
Verfolgung aller Anhänger Manfreds und das hartherzige Regiment
lenkte König Karl die Blicke vieler seiner Unterthanen auf Konravin,
und angesehene Ghibellinen forderten diesen auf, das Erbe seiner Väter
zu gewinnen und die hohenstaufische Herrschaft wieder aufzurichten. Der
16jährige Jüngling fühlte den Geist seines Geschlechts in sich erwachen,
und die Abmahnungen seiner Mutter vermochten nichts über seine
kühnen Hoffnungen und die Lust zu dem abenteuerlichen Unternehmen,
dem sein Oheim von Baiern und sein Stiefvater zustimmten. Mit
einem kleinen Heere deutscher Ritter, das er mit ghibellinischem Gelde
und dem Erlöse aus dem Verkaufe oder der Verpfändung fast aller
seiner Erbgüter zusammengebracht hatte, trat Konradin den verhäng-
nisvollen Zug über die Alpen an, begleitet von seinem treuen
Freunde Friedrich von Baden. Noch auf seinem Zuge traf ihn des
Papstes Bann, aber in Rom, das den Papst aus seinen Mauern
gewiesen hatte, führte ihn ein stattlicher Zug von Männern, Frauen und
Jungfrauen durch die reichgeschmückten Straßen nach dem Kapitol.
In der Ebene bei Seurcola unweit Tagliacozzo traf Konradin auf das i268.
Heer seines Gegners. Er erzwang bald den Übergang über den Salto
und warf die Proven^alen und Italiener in Karls Heere zurück, auch
die zweite Schlachtreihe desselben wurde geschlagen. Schon glaubte
Konradins Heer den Feind gänzlich besiegt, und man hielt den König
Karl für gefallen, in der Freude des Sieges löste sich alle Ordnung:
da brach der Feind aus einem Hinterhalte hervor und mit solchem
Ungestüm, daß das deutsche Heer völlig überrascht und ihm eine
vollständige Niederlage. bereitet wurde. Nach tapferem Kampfe
wurden auch Konradin und Friedrich in die allgemeine Flucht mit
fortgerissen; sie kamen glücklich über Rom nach Astura ans Meer und
waren schon in einer Fischerbarke auf dem Wege nach dem treuen Pisa,
da ereilte die Flüchtlinge ein schnellsegelndes Schiff des Herrn von
Astura aus der Familie Frangipani, und dieser lief er te^ feine Ge¬
fangenen nnedelmüthig und unritterlich gegen schnöden Lohn an ihren
grausamen Feind aus. uneingedenk der Wohlthaten, welche Friedrich II.
Schurig, Lehrbuch der Geschichte. II. 13