Zunftkämpfe. Gesellenbruderschaften.
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Gewalt in der Stadt, und schon im 13. Jahrhundert kam es überall
zwischen Zünften und Geschlechtern zu Kämpfen, bei denen sich die
Tuchmacher, als die bestgestellten Handwerker, stets hervorthaten.
Gelegentlich wurden die Kämpfe äußerst erbittert; in Magdeburg
z. B. wurden zehn Altermänner der Zünfte 1302 lebendig verbrannt.
Das Endergebnis war, daß entweder eine reine Zunftverfassung be¬
gründetward (z.B. in Braunschweig, Augsburg und Konstanz) oder
in den Rat Mitglieder der Zünfte aufgenommen wurden (z. B. in
Frankfurt und Nürnberg) oder aber Zünfte und Geschlechter in grö¬
ßeren, alle Bürger umfassenden Wahlkörpern für den Rat aufgingen
(dies geschah in Köln, nachdem 1371 eine förmliche Schlacht, die
sog. Weberschlacht, stattgefunden). Besonders in diesem Falle wurde
die Stetigkeit der städtischen Verwaltung gesichert, der innere Friede ge¬
währleistet und die ganze Bürgerschaft zu selbständigemHandeln erzogen.
Bald bildeten sich auch Ansänge eines eigentlichen Arbeiter- Gesellen¬
standes. Ursprünglich bestand kein sozialer Unterschied zwischen schäften.
Meistern und Lehrlingen; diese wurden mit zur Familie gerechnet;
war die Lehrzeit um (gewöhnlich nach 8 Jahren), so wurden sie in
in der Regel unmittelbar Meister. Seit Mitte des 14. Jahrhunderts
aber ward die Gesellenschaft immer häufiger Durchgangsstufe zur Er¬
langung der Meisterwürde. Einzelne Zunftgenossen wurden Arbeits¬
unternehmer, und bald gab es — und zwar zuerst bei den Tuch¬
machern — eine größere Zahl von Arbeitern, die nie zu völliger
Selbständigkeit gelangten. Die später zur Verhinderung der Kon¬
kurrenz von den Zünften erlassene Bestimmung: wer fein Vermögen
besitzt oder nicht Sohn bezw. Schwiegersohn eines Meisters ist, soll
nicht Meister werden — verschärfte den Gegensatz zwischen Arbeit¬
gebern und Arbeitnehmenden. Seit Ende des 14. Jahrhunderts bil¬
deten sich deshalb Gesellenbruderschaften unter eigenen Vorstehern,
deren Anzahl sich nach der Mitgliederzahl richtete. Sie wollten sich
gegenseitig unterstützen und das Standesbewußtsein pflegen; bald
Stutzer, Sozialgeschichte. 4